Laxe Gesetze in Steueroasen:Kriminelle willkommen

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Wunderschön und bestens geeignet für Geld-Verstecke: Steueroasen, hier die Cayman-Inseln. (Foto: David Rogers/Getty Images)

Die Britischen Jungferninseln, die Cook-Inseln oder die Bahamas: Für korrupte Politiker, Kriminelle und Kreditbetrüger sind Steueroasen ein ideales Geldversteck. Kein Finanzamt, kein Geschäftspartner und keine Opposition erfahren davon.

Von Christoph Giesen und Frederik Obermaier

Sie haben sich unscheinbare Namen einfallen lassen, wie man das halt so macht bei Offshore-Firmen. Arzu Aliyeva hat ihr Unternehmen Arbor Investment genannt, ihre ältere Schwester Leyla Aliyeva ist die Besitzerin von LaBelleza Holdings Limited und der Harvard Management Limited. Namen, die man rasch wieder vergisst, erdacht für ein Geschäft, das wohl für immer im Dunkeln bleiben sollte.

Arzu und Leyla Aliyeva sind die Töchter des aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Aliyev. Die Macht und das Geld sind in dem ölreichen Land auf wenige Familien verteilt. Wer in Aserbaidschan etwas erreichen möchte, muss sich mit der Familie Aliyev gutstellen. Die Aliyevs stehen schon länger im Verdacht, Geld auf die Seite zu schaffen und in Steueroasen zu bunkern. Es gibt Verbindungen nach Panama und auf die Britischen Jungferninseln.

In den internen Datenbanken der Firmen Portcullis Trustnet und Commonwealth Trust Limited (CTL), die die Süddeutsche Zeitung gemeinsam mit Medienpartnern ausgewertet hat, finden sich die Namen der Präsidententöchter, genauso wie die etlicher Männer aus der Halbwelt, die ihre Geschäfte im Schatten der Steuerinseln betreiben: Der russisch-israelische Waffenschmuggler Arcadi Gaydamak etwa. Oder Muller Conrad Rautenbach, ein Diamantenhändler und Helfer des simbabwischen Autokraten Robert Mugabe. Dazu jede Menge Finanzbetrüger, die Anleger mit Schneeballsystemen um ihr Geld gebracht haben und einen stattlichen Teil des ergaunerten Vermögens auf Offshore-Konten ruhen lassen.

Sie alle - Kriminelle, Korrupte und Kreditbetrüger - nutzen für ihre Machenschaften die Verschwiegenheit und die undurchsichtigen Firmenstrukturen in Steueroasen aus. Länder wie die Britischen Jungferninseln, die Cook-Inseln oder die Bahamas schaffen mit ihren Gesetzen die Grundlagen für ein ideales Geld-Versteck: die Offshore-Firma. Wer will kann in den Steuerparadiesen Geld anhäufen, ohne dass irgendwer davon erfährt. Kein Finanzamt, keine Ex-Frau, keine Geschäftspartner und keine Opposition.

Arzu Aliyeva, 24, ist in Aserbaidschan ein bekanntes Model, ihre ältere Schwester Leyla, 27, arbeitet als Chefredakteurin des Lifestyle-Magazins Baku. In ihrem Heimatland, das wie so viele ehemalige Sowjetstaaten den Übergang zur Demokratie nur schlecht hinbekommen hat, sind Arzu und Leyla Aliyeva einflussreiche Frauen. Das weiß sicherlich auch Hassan Gozal. Der aus Iran stammende Kaufmann ist seit 2008 ist der Direktor der drei auf den Britischen Jungferninseln registrierten Offshore-Firmen der Präsidententöchter. Zum Unternehmenszweck wollen sich auf Anfrage weder die Familie Aliyeva noch Direktor Gozal äußern.

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Ein Blick auf Gozals lange Liste von Projekten könnte Hinweise geben: Eine seiner Firmen baut derzeit in der Nähe der Hauptstadt Baku ein zwei Milliarden Dollar teures Ressort. Die Flame Towers - drei knapp 200 Meter hohe mit tausenden LED-Leuchten besetzte Türme - sind bereits fertiggestellt. Mit der staatlichen Ölfirma, dem mächtigsten Unternehmen des Landes, schloss Gozal mehrere Verträge ab. Waren die Firmen auf den Jungferninseln die Gegenleistung für die Aufträge?

Die Verschwiegenheit der Inseln haben auch die Gründer der Firma Delten Holdings lange zu schätzen gewusst. Sie zogen ein Schneeballsystem hoch, wie schon so viele vor ihnen: Ein charismatischer Geschäftsmann verspricht traumhafte Renditen und gaukelt mit dem Geld der ersten Kunden immer neuen Investoren Erfolg vor. Solange, bis das System in sich zusammenbricht - doch dann ist das Geld in der Regel längst weg: verprasst, draufgegangen für teure Autos, Häuser und Frauen.

Die Delten-Betrüger organisierten ihren Coup im Internet. Auf minvestment.com versprachen sie ab einer Einlage von 15 Dollar eine Rendite von 1,4 bis 1,7 Prozent und zwar täglich. Ab 25 000 Dollar sollten es 2,3 Prozent am Tag sein. Jede Menge Anleger fielen darauf herein. Laut Gerichtsunterlagen aus Wisconsin bekamen sie für jeden investierten Dollar später 15 Cent zurück. Der Rest war verloren.

Oft fehlt bei Schneeballsystemen am Ende ein Großteil des Geldes. Fahnder vermuten dann meist, dass es irgendwo geparkt wurde: Viele dieser Systeme haben ihre ökonomischen Wurzeln in Steuerparadiesen. So war es etwa bei Bernard Madoff, der Anleger um 50 Milliarden Dollar betrogen hat. Er wurde im Juni 2009 zu 150 Jahren Haft verurteilt. Ein Teil des Geldes ist verschollen. Wahrscheinlich lagert das Geld in einer der Steueroasen.

"Warum sind wir Trottel da nicht selbst draufgekommen?"

Auch im Fall Delten könnte Geld zur Seite geschafft worden sein. Empörte Anleger wollten im Oktober 2007 vom Dienstleister Commonwealth Trust Limited (CTL), bei der die Delten Holdings unter der Nummer 1058563 registriert worden war, erfahren, wer hinter der Internet-Firma steckt. Je mehr Mails kamen, desto nervöser wurden die CTL-Verantwortlichen. Ein Angestellter schlug vor, doch einfach eine E-Mail zu schreiben und zu behaupten, ein Anwalt kümmere sich um die Probleme. Der einzige Haken, so schreibt es eine Mitarbeiterin: "Wir haben den Fall nicht an unseren Anwalt weitergegeben."

Monatelang trudelten E-Mails ein, am 12. Dezember 2008 meldet sich Margaret aus Brooklyn. Auch sie sei auf das Delten-Angebot reingefallen. Sie habe 3000 Dollar verloren, 1000 davon gehörten ihrer Kirchengemeinde, sie schäme sich sehr - und bete zu Gott, dass CTL ihr helfen könne.

Antworten und Abwimmeln, empfiehlt der Direktor von CTL und erkundigt sich offenbar danach im Internet nach der Funktionsweise von Schneeballsystemen. Jedenfalls leitet er einen Artikel weiter - verbunden mit der Frage: "Warum sind wir Trottel da nicht selbst draufgekommen?" Und schiebt hinterher: "Die Jungs von Delten sollten uns wenigstens Provision zahlen." Für einen Betrug, den seine Firma erst ermöglicht hat.

© SZ vom 04.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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