Es passierte wieder einmal geräuschlos: Das Bundeslandwirtschaftsministerium und die ihr unterstellte Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung haben in einer Datenbank veröffentlicht, wer 2013 Agrarsubventionen von der EU erhalten hat. Die Zahl der Empfänger, die mehr als eine Million Euro erhielten, ist leicht gestiegen, auf 231. Einige Unternehmen, die profitieren, sind wegen ihrer Praktiken umstritten.
Das Geld soll die Landwirtschaft am Leben erhalten, ihr ermöglichen, auf dem Markt gegen Produzenten aus anderen Teilen der Erde zu bestehen. Alle Industrieländer zahlen solche Beihilfen. Kritiker wie der UN-Sonderberichterstatter für Nahrung, Jean Ziegler, machen die Subventionen dafür mitverantwortlich, dass die subventionierten europäischen Produkte die Märkte der Entwicklungsländer überschwemmen. Mit den künstlich verbilligten Preisen könnten die dortigen Kleinbauern nicht mithalten.
Die Summen fließen entweder über den Europäischen Garantiefonds für Landwirtschaft direkt an die Empfänger. Oder sie kommen aus dem sogenannten Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums, wenn deutsche Kommunen, Länder oder der Bund selbst auch Geld zuschießen.
Ein großer Teil der Subventionen geht nicht an Firmen, sondern an Behörden. Die größten Empfänger sind nach wie vor staatliche Stellen, am meisten profitierten der Landesbetrieb für Küstenschutz im friesischen Husum und das Landesumweltamt Brandenburg, mit fast 22 Millionen beziehungsweise elf Millionen Euro. Andere öffentliche Empfänger sind zum Beispiel Landwirtschaftsministerien der Bundesländer, Gemeinden oder Kindergärten.
Die Karte zeigt Empfänger, die 2013 mehr als eine Million Euro (grün) oder mehr als zwei Millionen Euro (rot) erhalten haben (direkter Link für Smartphone-Leser).
Auch fast 500 private Produzenten profitierten von mehr als 500 000 Euro Förderung. Darunter sind einige große Empfänger: Die Agrargenossenschaft Rhönperle in Thüringen erhielt mehr als drei Millionen Euro. Eine ähnlich hohe Summe kam dem Spreenhagener Vermehrungsbetrieb für Legehennen zugute, einem der großen Eierproduzenten Deutschlands. Die großen Empfänger konzentrieren sich im ländlichen Raum der neuen Bundesländer und Norddeutschlands.
Am prominentesten unter den großen Empfängern ist wohl der Zuckerhersteller Südzucker mit mehr als zwei Millionen Euro. Das Deutsche Milchkontor, der größte deutsche Molkereikonzern, erhielt mehr als 700 000 Euro.
Die direkten Zahlungen, die vor allem an Unternehmen fließen, sind ungleich verteilt, zeigen die Zahlen des Landwirtschaftsministeriums: Zwei Prozent der Betriebe bekamen 30 Prozent der Gesamtsumme, das sind mehr als 1,7 Milliarden Euro. Die große Masse der Empfänger - drei Viertel - erhielt weniger als 20 000 Euro (Tabellen des Ministeriums hier und hier als PDF).
"Eine Art Hartz IV für Bauern"
Reinhild Benning ist beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) für Landwirtschaft zuständig. Sie stört es, dass einzelne Großbetriebe an so viel Geld kommen. Kleinere Landwirte sähen nur einen Bruchteil der Beträge, so seien die Subventionen nur "eine Art Hartz IV für Bauern". Für sie als Umweltschützerin sei das dramatisch. "Denn Landwirte sind der beste Garant für Naturschutz - im Gegensatz zu Unternehmen, die in erster Linie ihren Aktionären verpflichtet sind."
Derzeit wird die Agrarförderung neu verhandelt. Benning hofft, dass die Bundesregierung mit den anderen EU-Staaten einen Vorschlag annimmt, der Umweltschützern am Herzen liegt: Ein Drittel der Subventionszahlungen könnte daran gekoppelt werden, dass Landwirte wenigstens auf einem kleinen Teil ihrer Anbaufläche auf synthetische Pflanzenschutzmittel und künstlichen Düngemittel verzichten.
Auch Großkonzerne kassieren Agrarsubventionen. Das Chemieunternehmen BASF erhielt 131 557 Euro für den Gutshof "Rehhütte", der an das Agrarzentrum des Konzerns im pfälzischen Limburgerhof angegliedert ist. In dem Zentrum erforschen Chemiker gemeinsam mit Landwirten und Gärtnern Pflanzenschutzmittel, der Gutshof liefert den Forschern unter anderem Rückmeldungen über ihre Mittel aus der Praxis. BASF nutzt die Rehhütte auch als Veranstaltungsort. Die Bayer AG erhielt unter anderem für ihre Agrobusiness-Sparte Crop Sciences, die genveränderte Pflanzen entwickelt, mehr als 170 000 Euro.
RWE erhielt 425 510 Euro, Eon 101 917 Euro. Die Energiekonzerne konnten sich das Geld sichern, weil sie Raps, Getreide oder Rüben in Gebieten anbauen, in denen sie Braunkohle abgebaut haben, die so genannte Rekultivierung. Ein RWE-Sprecher betont, dass die Flächen durchgehend bewirtschaftet würden, was Voraussetzung für EU-Förderung ist. Zudem unterstütze der Konzern mit dem Geld die Feldvogelpopulation.
Auch der Panzerbauer Rheinmetall erhielt erneut Geld, mehr als 10 000 Euro. Die Summe floss für einen 50 Quadratkilometer großen Schießplatz im niedersächsischen Unterlüß, oder wie Rheinmetall es nennt: ein "Erprobungszentrum". Dort betreibt das Unternehmen Forstwirtschaft und testet Waffen, Munition und Fahrzeuge.
Veröffentlicht werden keine Namen einzelner Landwirte, sondern nur die von juristischen Personen, also Unternehmen und Institutionen. Detailliertere Angaben hat der Europäische Gerichtshof verboten. Die mittlerweile geschaffene Datenbank ist allerdings benutzerunfreundlich .
Mitarbeit: Steffen Kühne