Künftiger Lufthansa-Chef Christoph Franz:Zwischen Polen und Westafrika

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Christoph Franz wird zwar erst zum Jahreswechsel Chef der Lufthansa, prescht aber bereits jetzt mit Zielen und neuen Projekten vor.

Jens Flottau, Addis Abeba

Seine Gastgeber meinen es besonders gut mit ihm. Als Christoph Franz auf der Bühne Platz genommen hat, begrüßen sie ihn als "Chairman and CEO" der Lufthansa. Der 50-Jährige, der allerdings erst am 1. Januar die Nachfolge von Wolfgang Mayrhuber an der Spitze des Konzerns antritt, quittiert den kleinen Fehler mit einem Lächeln und lobt anschließend vor allem Ethiopian Airlines. Die äthiopische Fluggesellschaft wird voraussichtlich in einem Jahr Star Alliance beitreten, Gründungsmitglied Lufthansa begleitet das Unternehmen als eine Art Mentor.

Er hätte gerne eine operative Marge von acht Prozent für das Passagiergeschäft und kann sich weitere Zukäufe vorstellen: Der designierte Lufthansa-Chef Christoph Franz. (Foto: dpa)

Obwohl Franz also noch nicht offiziell den Vorstandsvorsitz übernommen hat, formuliert er klare Ziele. Vor Führungskräften hatte er zuletzt eine operative Marge von acht Prozent für das Passagiergeschäft gefordert, ein für die Branche ungewöhnlich hoher Wert. "Die acht Prozent sind nicht in der Budgetplanung für 2011 oder 2012", sagte Franz am Rande der Star Alliance-Tagung der SZ. "Aber ich halte es für sehr wichtig, dass wir den Anspruch eines normalen Unternehmens formulieren." Gelinge es nicht, den Gewinn deutlich zu steigern, dann werde es schwierig sein, künftiges Wachstum zu finanzieren. Franz machte deutlich, dass sich Lufthansa weiter nur in engen Grenzen verschulden will. Neue Flugzeuge sollen aus dem laufenden Geschäft bezahlt werden und nur dann, wenn es opportun ist, mit Krediten oder Ähnlichem. Nicht nur Staaten, auch Unternehmen müssten auf "Verschuldungsgrenzen" achten.

Ohne sich bereits auf konkrete Zusagen festzulegen, deutete Franz an, dass sich Lufthansa weiterhin an anderen Fluggesellschaften beteiligen oder diese gar übernehmen will. So will Ethiopian Airlines gemeinsam mit Egyptair und South African Airways eine neue Fluggesellschaft in Westafrika gründen, einer Region, die bislang nur ungenügend durch den Luftverkehr erschlossen ist. "Wir betrachten die Pläne mit großem Wohlwollen", so Franz, der sich auch ein "dosiertes finanzielles Engagement" der Lufthansa bei dem Vorhaben vorstellen kann. Konzerntochter Brussels Airlines bekommt auch "volle Unterstützung" für die geplante neue Airline im Kongo, über die der Zugang nach Zentralafrika ermöglicht werden soll. "Die Konsolidierung wird weitergehen", glaubt Franz.

Lufthansa werde aber jeden Fall einzeln betrachten, allerdings habe sie auch im bestehenden Konzern bereits "genügend Hausaufgaben". Franz zeigte sich auch aufgeschlossen gegenüber einem möglichen Einstieg bei Star Alliance-Partner LOT Polish Airlines, der im kommenden Jahr privatisiert werden soll. "Das ist eine Veränderung bei den Eignern, die wir nicht ignorieren können", so der designierte Lufthansa-Chef. Er kündigte deswegen auch Gespräche mit der polnischen Regierung an. "Polen braucht eine starke Airline, und es kann nicht im Interesse des Landes sein, wenn andere Fluggesellschaften Marktanteile auf Kosten von LOT hinzugewinnen."

Bei den europäischen Billigfluggesellschaften, die auch Lufthansa zu schaffen machen, stellt Franz "Grenzen des Wachstums" fest. So jedenfalls deutet er die Ankündigung von Ryanair-Chef Michael O'Leary, der künftig auch teure Großflughäfen ansteuern will, die sein Unternehmen bislang weitgehend gemieden hat. Für Lufthansa bedeute dies "nichts Neues", es gebe dann eben "noch einen Konkurrenten mehr an den großen Flughäfen". Allerdings prognostiziert er einen erbitterten Kampf zwischen den Billigfluggesellschaften, die nun verstärkt versuchen würden, sich gegenseitig vom Markt zu verdrängen. Damit würden sie sich womöglich mehr schaden, als den traditionellen Anbietern.

Lufthansa hingegen müsse sich auf die für sie wichtigen Märkte konzentrieren und die Kosten so weit wie möglich senken, um dann bei voraussichtlich niedrigeren Ticketpreisen noch profitabel zu sein. Dies sei aber ein Vorhaben, das nur mittelfristig gelingen könne und bei dem Lufthansa das Qualitätsniveau halten müsse.

Franz kritisiert, dass der Wettbewerb auf der Langstrecke verzerrt werde, weil teilweise staatlich subventionierte Fluggesellschaften wie Etihad Airways, Qatar Airways oder Emirates riesige Flotten aufbauten. Deswegen habe Lufthansa stark dafür geworben, diesen Konkurrenten keine zusätzlichen Verkehrsrechte nach Deutschland einzuräumen. "Wir betreiben sonst einen Export von Arbeitsplätzen und Wohlstand in den Nahen Osten", so Franz.

© SZ vom 30.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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