Kreditkrise:Sparkassen verzocken sich

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In Nordrhein-Westfalen sollen Sparkassen über Jahre hin riskante Wertpapiere von der WestLB gekauft haben.

C. Dohmen, T. Fromm und M. Thiede

Nun wird auch in anderen Bundesländern geprüft, ob Sparkassen Schrottpapiere in ihren Beständen haben. In Bayern hat der dortige Sparkassenverband eine Umfrage gestartet.

(Foto: Foto: dpa)

Insgesamt soll die WestLB so genannte Collaterallized Debt Obligations (CDO's) im Wert von rund fünf Milliarden Euro an einige der 110 nordrhein-westfälischen Sparkassen verkauft haben, berichtet die Financial Times Deutschland.

Diese Papiere gehören zu den komplexesten Wertpapieren überhaupt. Vor allem Sparkassenmanager kleinerer Häuser kauften die Papiere im Rahmen eines "House of Europe" genannten Programms. Die Investmentbanker der Bank haben die Produkte konstruiert und vertrieben.

Suche nach höheren Zinsen

Der Verkauf der Papiere erfolgte in den Jahren 2003 bis 2006, damals intensivierten die Sparkassen die Zusammenarbeit mit der ihnen mehrheitlich gehörenden Landesbank. Außerdem waren die Sparkassen in dieser Phase niedriger Zinsen auf der Suche nach Anlagen mit höheren Zinsen für ihr Geld. Deswegen haben dem Vernehmen nach einige Sparkasse besonders renditeträchtige, dafür aber auch riskante Tranchen aus dem "House-of-Europe-Programm" gezeichnet.

Dass Sparkassen bei riskanten Geschäften mitgemacht haben, wirft einen Schlagschatten auf ihr bislang als solide geltendes Geschäft. Der Fall WestLB zeige, dass der Sparkassensektor "genauso gefährdet ist wie die privaten Institute", meint Klaus Fleischer, Professor für Banken- und Finanzwirtschaft an der Fachhochschule München. Allerdings seien hier die " Sicherungssysteme besser, weil die öffentliche Hand haftet".

Die Nachrichten aus Düsseldorf haben auch andere Sparkassenverbände alarmiert. Nach SZ-Informationen hat der Bayerische Sparkassenverband in diesen Tagen eine Umfrage zu möglichen Belastungen einzelnen Sparkassen durch eventuelle Risiko-Papiere gestartet.

Der Verband hatte bereits vor sechs Monaten die Institute des Freistaats geprüft. Damals hätten die riskanten Wertpapierbestände aller Sparkassen zusammen "im niedrigen zweistelligen Millionenbereich" gelegen, heißt es aus Sparkassenkreisen. Dies sei eine verhältnismäßig geringe Größe gewesen.

Sowohl bei der NordLB als auch bei der HSH Nordbank hieß es, Geschäfte mit Sparkassen wie in Düsseldorf seien bei ihnen nicht getätigt worden. Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) wollte keinen Kommentar abgeben.

Ausfallrisiken unklar

Die Folgen für die Sparkassen wurden am Mittwoch unterschiedlich beurteilt. In Finanzkreisen hieß es, die Sparkassen müssten in Nordrhein-Westfalen einen dreistelligen Millionenbetrag abschreiben. Dagegen versuchten die beiden Sparkassenverbände zu beruhigen: Laut dem Sparkassenverband Westfalen-Lippe hätten die 76 Sparkassen insgesamt für 250 Millionen Euro bei der WestLB zugriffen.

Hier drohten für das Jahr 2008 maximal Ausfälle von 50 Millionen Euro, sagte ein Verbandssprecher. Mit dieser Summe könne der Gewinn belastet werden. Bislang erwarten die Sparkassen in Westfalen-Lippe einen Überschuss von einer Milliarde Euro. Ein Sprecher der rheinischen Sparkassen sagte, es gebe keine Probleme bei den Häusern.

Die Papiere hatte die WestLB auch an andere institutionelle Investoren verkauft, zudem hält sie einen Teil der Papiere in der eigenen Bilanz oder hat sie mit anderen riskanten Papieren in eine Zweckgesellschaft gepackt, für die das Land NRW mit einem milliardenschweren Rettungsschirm bürgt. Allerdings machte die Bank keine Angaben über den Umfang der Papiere, die noch im eigenen Besitz sind.

Einige Sparkassen prüfen dem Vernehmen nach nun mögliche Regressansprüche gegen die WestLB. Allerdings gelte eine Klage der kommunalen Sparkassen als unwahrscheinlich, hieß es aus mit dem Vorgang vertrauten Kreisen. Neben der WestLB sollen auch andere Banken entsprechende Papiere verkauft haben - so habe sich lange Zeit auch die SachsenLB als Verkäufer derartiger Papiere angeboten, heißt es. Daher sei zurzeit noch völlig unklar, wie die Gesamtbelastung einzelner Häuser aussehe.

© SZ vom 06.11.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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