Krankenversicherung:Kassenpatienten werden verschont

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Die Unternehmen wollen die Zusatzbeiträge 2018 stabil halten. Hintergrund ist die gute wirtschaftliche Lage in Deutschland und eine Zunahme der Mitgliederzahlen - auch durch Migranten.

Von Kristiana Ludwig, Nauen

Im kommenden Jahr bleiben die Abgaben für Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen wohl unverändert. Wegen der guten wirtschaftlichen Lage in Deutschland müssten die 113 Krankenversicherungen ihre Zusatzbeiträge nicht erhöhen, sagte die Chefin ihres Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer. Damit lägen sie im dritten Jahr in Folge bei durchschnittlich 1,1 Prozent des Bruttoeinkommens jedes Beitragszahlers. Der Zusatzbeitrag ergänzt die übliche Krankenkassenabgabe von 14,6 Prozent des Lohns, die sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen. Er soll für Wettbewerb zwischen den Kassen sorgen.

Neben der guten Beschäftigungssituation im Land seien auch die vielen neuen Kassenmitglieder für bessere Einnahmen der Versicherungen verantwortlich, sagte Pfeiffer. Im vergangenen Jahr ließen sich 484 000 Männer und 314 000 Frauen zusätzlich gesetzlich versichern. Die Neuzugänge seien im Vergleich zu den anderen Mitgliedern öfter männlich, meist jünger und gesünder - und kosteten das System deshalb weniger Geld. Laut Kassenchefin Pfeiffer handele es sich etwa um junge Leute aus Spanien, Portugal oder Griechenland, die nach Deutschland gekommen seien, um hier zu arbeiten. Die Zuwanderer seien überwiegend gesundheitlich fit. Hinzu kämen anerkannte Flüchtlinge, die einen Job gefunden haben und die erwachsenen Kinder von Privatversicherten.

Auch eine Finanzspritze von 1,5 Milliarden Euro, die Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) in diesem Wahljahr aus dem sogenannten Gesundheitsfonds ausgezahlt hat, trägt dazu bei, dass die Zusatzbeiträge nicht steigen. Gröhe hatte die Sonderzahlung für die Krankenkassen mit der "Versorgung von Asylbewerbern" und der Digitalisierung des Gesundheitswesens erklärt. Doch wie teuer arbeitssuchende Flüchtlinge und Asylbewerber ohne Arbeitsgenehmigung nun tatsächlich für die Versicherungen sind, dazu gebe es noch keine sicheren Erkenntnisse, sagte Pfeiffer. Für Hartz-IV-Bezieher bekommen Kassen nur eine Monatspauschale von jeweils 97 Euro vom Staat erstattet - dies sei "nicht annähernd ausgabendeckend".

Das Gesundheitsministerium hat zu der Frage, wie viel Hartz-IV-Empfänger die Krankenversicherungen tatsächlich kosten, ein Gutachten in Auftrag gegeben. Das Ergebnis wird allerdings erst im Herbst erwartet - und damit möglicherweise auch erst nach der Bundestagswahl.

"In Zukunft werden die Kosten stetig steigen."

Bis es soweit ist, überwiegen also die positiven Nachrichten für die Versicherten. Der SPD, den Grünen und den Linken, die ein gerechteres Gesundheitssystem zum Wahlkampfthema machen wollen, nehmen die guten Nachrichten den Wind aus den Segeln - auch weil der Kassenverband auf weitere Zukunftsprognosen verzichtet. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagt: "Das ist die Ruhe vor dem Sturm. In Zukunft werden die Kosten stetig steigen." Allein eine Kostenexplosion bei Krebsmedikamenten dürfte nach seiner Prognose in den kommenden 15 Jahren Mehrausgaben von etwa 30 Milliarden Euro verursachen. Die Krankenhäuser würden ebenfalls immer teurer. Seine Partei wirbt für eine Bürgerversicherung.

© SZ vom 14.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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