Konjunktur:Siemens leidet unter der Flaute

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Das Unternehmen bekommt den Konjunkturabschwung voll ab. Vor allem im Geschäft mit den Autobauern und dem Maschinenbau spürt der Münchner Industriekonzern, dass die Aufträge zurückgehen.

Von Caspar Busse, München

Mitten in einem tief greifenden Konzernumbau bekommt Siemens nun den deutlichen Abschwung der Weltkonjunktur zu spüren. "Geopolitik und deren Auswirkungen auf die Weltwirtschaft schaden einer ansonsten positiven Investitionsneigung", teilte Konzernchef Joe Kaeser mit. "Das Marktumfeld ist sehr herausfordernd", sagte Finanzvorstand Ralf Thomas. Insbesondere Autobauer und andere Industriekunden würden sich derzeit sehr zurückhalten mit neuen Aufträgen. "Für die kommenden drei, vier Quartale erwarten wir eine anhaltende zyklische Abschwächung in der Autoindustrie und im Maschinenbau", sagte Thomas. Siemens bietet für viele Industriezweige unter anderem Fertigungsanlagen und -software an.

Die Probleme kommen in einer schwierigen Zeit. Kaeser gliedert derzeit den gesamten Energiebereich aus und will diesen bis Herbst 2020 aus dem Konzern herauslösen. Dabei ist noch immer unklar, wer die neue Energiesparte künftig führen wird. Die heutige Chefin von Gas & Power, die Amerikanerin Lisa Davis, hatte im November ihren Abschied für spätestens 2021 angekündigt. Zudem ist der Windkraftspezialist Siemens Gamesa, der auch in der Einheit aufgehen soll, in Turbulenzen, der Aktienkurs der Firma stürzte ab. Damit sei man alles andere als glücklich, sagte Thomas. Gleichzeitig wird im Konzern eine neue Personalchefin gesucht, der Vorstandsvertrag von Janina Kugel wurde nicht verlängert, sie scheidet spätestens Anfang 2020 an.

Konzernchef Joe Kaeser war unterwegs, meldete sich aber per Twitter

Immerhin: Der Umsatz stieg im abgelaufenen Quartal. Und der Auftragsbestand erreichte mit insgesamt 144 Milliarden Euro einen Rekordwert. Dieser sei auch "qualitativ kerngesund", sagte Thomas. Das deutet daraufhin, dass die Bestellungen auch bei einem Konjunkturabschwung weitgehend sicher sind. Gut läuft es auch in der Bahntechnik, in Russland wurden neue Hochgeschwindigkeitszüge bestellt, auch der neue ICE 4 wird nach Verzögerungen wieder an die Deutsche Bahn ausgeliefert. Eventuelle Ansprüche aus Gewährleistung wegen der Verspätung muss der Siemens-Partner Bombardier tragen, sagte Thomas. Von April bis Juni sank der Gewinn um sechs Prozent auf 1,14 Milliarden Euro. Der operative Gewinn aus dem Industriegeschäft, einer der wichtigen Bereiche im Konzern, ging um zwölf Prozent auf 1,94 Milliarden Euro zurück. Das überraschte selbst Experten. Als einzige der sechs großen Siemens-Sparten erfüllte die Verkehrstechnik die Renditevorgaben. Diese sollte eigentlich mit dem französischen Alstom-Konzern fusionieren, doch das scheiterte am Veto der EU-Kartellbehörden. Finanzvorstand Thomas wollte nicht ausschließen, dass einige Mitarbeiter vom erneuten Konzernumbau abgelenkt worden seien. Die Siemens-Aktie gab am Donnerstag deutlich um fast sechs Prozent nach.

Kaeser selbst war am Donnerstag bei der Verkündung der Quartalszahlen nicht dabei, da er in Asien bei Kunden unterwegs war. Per Twitter schrieb er aber, dass die Aufträge in den USA um 25 Prozent gestiegen seien. Und er dankte ausdrücklich dem umstrittenen US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, für dessen "große Unterstützung".

© SZ vom 02.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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