Deutsche Bahn:Warum die Krise der Bahn nötig ist

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Deutsche Bahn: Monteure arbeiten in Düsseldorf an einem Schild der Bahn. (Foto: dpa)

Die Bahn leidet, weil sie sie starke Konkurrenz bekommen hat. Nun bewegt sie sich - endlich.

Kommentar von Caspar Busse

Viele mögen genervt sein, dass inzwischen immer mehr Fernbusse die ohnehin schon vollen Autobahnen verstopfen. Umweltpolitiker kritisieren, dass damit noch mehr Personenverkehr auf die Straße abwandert. Beklagt werden auch die prekären Arbeitsverhältnisse, unter denen manche Busfahrer arbeiten müssen. Trotzdem hat die plötzliche Attraktivität der Fernbusse auch etwas Gutes: Die Deutsche Bahn bekommt endlich Wettbewerb zu spüren. Überraschend viele Fahrgäste schwenken auf die deutliche billigere Alternative um und nutzen seit der Freigabe des Marktes vor zwei Jahren den Fernbus. Im vergangenen Jahr hat die Deutsche Bahn dadurch etwa 200 Millionen Euro Umsatz verloren- und es dürfte noch mehr werden.

Rüdiger Grube, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn, ist unter Druck. Er will den Staatskonzern nun einer Radikalkur unterziehen, hat Vorstände rausgeworfen, will die Verwaltung straffen, neue Angebote entwickeln und sich - endlich - auch auf den Kunden konzentrieren. All das ist in Wirklichkeit schon lange überfällig. Bahnkunden haben bereits in den vergangenen Jahren den schleichenden Verfall der Bahn erfahren müssen. Immer wieder gibt es Klagen über den schlechten Service, Verspätungen, unfreundliches Personal, nicht-funktionierende Züge, zu hohe Preise. Dazu kommen immer neue Beeinträchtigungen des Verkehrs durch das Wetter, sei es durch Stürme, einen zu kalten Winter oder einen zu heißen Sommer - und der sehr lange Streik der Lokführer, der die Geduld der Kunden doch arg strapaziert und die Bahn am Ende eine halbe Milliarde Euro gekostet hat.

Das Dilemma ist, dass bereits viel Zeit nutzlos verstrichen ist. Erst peilte die Deutsche Bahn unter Hartmut Mehdorn einen Börsengang an und hatte nur auf dieses Ziel hingearbeitet. Glücklicherweise ist am Ende nichts daraus geworden. Denn eine börsennotierte Bahn wäre ein Irrweg. Nachdem dieser Plan zu den Akten gelegt wurde, sollte vor allem eine hohe Dividende für den 100-Prozent-Anteilseigner, also den Bund, erwirtschaftet werden. So gingen Jahre ins Land, in denen sich die Bahn auf die kurzfristige Optimierung ihres Geschäftes konzentriert hat, also sozusagen jeden Euro aus dem Bahnverkehr herausgepresst hat, dafür aber die langfristigen Perspektiven vernachlässigt hat. Das rächt sich nun auf verhängnisvolle Weise. Die jüngsten Zahlen zeigen es: dramatischer Gewinneinbruch, Verlust von Kunden, schwacher Güterverkehr, Konkurrenz, nicht nur durch Fernbusse, sondern verstärkt auch durch andere Bahngesellschaften im so wichtigen Regionalverkehr.

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Der Ausweg aus der Krise: Die Deutsche Bahn muss ab sofort den Kunden und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellen. Nahezu jeder Fernbus oder jede Vorortbahn in Europa, sogar im Großraum Dublin, bieten heute kostenlosen Internetempfang. In den Zügen der Deutschen Bahn aber ist selbst das einfache Telefonieren mit dem Handy oft Glückssache, kostenloses Wlan gibt es immer noch nicht. Die Züge der Deutschen Bahn sind durchschnittlich nur zu etwa 50 Prozent ausgelastet, trotzdem gibt es gerade zu Stoßzeiten wie Freitagnachmittag oder zu Beginn der Ferien Klagen über hoffnungslos überfüllte Züge. Die Aufgabenliste ist lang: Pünktlichkeit, schnellere Frequenzen, kürzere Reisezeiten, modernere Züge. Bahnfahren muss attraktiv werden und Spaß machen.

Ein Unternehmen, das erfolgreich sein will, muss sein Geschäft richtig betreiben. Eigentlich ist das eine Selbstverständlichkeit. Die Staatsfirma Bahn muss dazu aber erst durch mehr Wettbewerb getrieben werden. Erst in der vergangenen Woche hatte die Monopolkommission in einem Gutachten die Dominanz der Bahn angeprangert und auf mehr Konkurrenz gedrungen. Die Experten fordern, dass Grube sich vom Güterverkehr und der Tochter Schenker trennen soll. Dann zumindest hätte die Deutsche Bahn mehr Kapazitäten, um sich auf ihr eigentliches Kerngeschäft, den Transport von Passagieren, zu konzentrieren. Nicht alles, was schiefläuft, ist dem Management anzulasten. Natürlich ist das Geschäft der Bahn hochkomplex. Trotzdem muss die Deutsche Bahn umsteuern und wie ein Wirtschaftsunternehmen agieren. Die Berufung des CDU-Politikers Ronald Pofalla, nicht gerade ein ausgewiesener Wirtschaftsmann, in den Vorstand ist da das völlig falsche Signal.

Die Bahn ist spät dran, hoffentlich nicht zu spät. Wohl kaum jemand will in Deutschland Verhältnisse wie in den USA: Dort reisen die Menschen vor allem mit dem Auto oder mit dem Bus, die Eisenbahn spielt kaum eine Rolle.

© SZ vom 30.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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