Umwelt:Der abgestraften Regierung fehlt in der Klimapolitik ein klarer Kurs

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Dass die Zeit der Symbolpolitik beim Klimaschutz vorbei ist, haben entscheidende Akteure der großen Koalition offenbar noch immer nicht erkannt. (Foto: Patrick Pleul/dpa)

Die Europawahlen haben gezeigt, wie sehr der Klimawandel die Menschen bewegt. Doch die große Koalition belässt es weiter bei Symbolpolitik.

Kommentar von Markus Balser, Berlin

Die Botschaft der Europawahlen am Sonntag war deutlich: Der Klimawandel bewegt die Deutschen stärker als viele in der Politik das angenommen haben. Die abgestrafte Bundesregierung reagierte nach der Wahlschlappe hektisch. Mit der aktuellen Sitzung des Klimakabinetts am Mittwoch wollten Union und SPD eigentlich demonstrieren, dass sie die Zeichen der Zeit erkannt haben. Doch das ging nach hinten los. Statt Aufbruch lieferte die große Koalition einen erneuten Beweis des Stillstands in der deutschen Klimapolitik.

Zwar legten alle aufgeforderten Ressorts umfangreiche Listen vor, mit deren Hilfe der Klimawandel gebremst werden soll. Viele Millionen Tonnen sollen bis zum Jahr 2030 eingespart und die Klimaziele von Paris nun auch wirklich erreicht werden.

Viele der Vorschläge entpuppen sich als ungedeckte Schecks

Bei genauerem Hinsehen entpuppen sich die Einträge in den Tabellen allerdings an vielen Stellen als ungedeckte Schecks. So sollen autonom fahrende Autos helfen, Millionen Tonnen an Emissionen einzusparen. Dass mit einem breiteren Einsatz der Technik allerdings kein Experte ernsthaft vor 2030 rechnet, bleibt unerwähnt. Billigere Bahntickets sollen durch eine Steuersenkung mehr Menschen raus aus dem Auto und rein in die klimafreundlichen Züge bringen. Finanziell gerade stehen, will dafür allerdings niemand. Das Landwirtschaftsministerium fordert in den Listen die zügige Umsetzung eines Düngepakets aus dem Jahr 2017 dessen zügige Umsetzung es seit zwei Jahren selbst mit in der Hand gehabt hätte.

Munter werden Dinge vorgeschlagen, die gut klingen und das eigene Ressort am Ende wenig kosten. Dass die Zeit der Symbolpolitik beim Klimaschutz vorbei ist, haben entscheidende Akteure der großen Koalition offenbar noch immer nicht erkannt. Die große Koalition lässt beim wichtigsten umweltpolitischen Thema der Wahlperiode weiterhin einen klaren Kurs vermissen. Zentrale Fragen wie die Entscheidung über einen CO₂-Preis, der Geld für den Umbau der Wirtschaft bringen würde, vertagten die Minister auf eine weitere Sitzung im Herbst. Die Erkenntnis des Treffens ist eine andere als von der Regierung erwünscht. Bis zu einer neuen und entschlossenen Klimapolitik in Deutschland ist es noch ein weiter weg.

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