New York:US-Justiz verklagt Deutsche Bank

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Die Finanzkrise holt die Deutsche Bank wieder ein: Die US-Staatsanwaltschaft wirft dem Frankfurter Geldhaus "rücksichtslose Praktiken" bei der Vergabe von Krediten vor - Investoren reagieren erschrocken.

Harald Freiberger und Moritz Koch

Die USA haben Anklage gegen die Deutsche Bank erhoben. Für Deutschlands größtes Kreditinstitut und seinen Chef Josef Ackermann könnte sich damit die Verwicklung in die amerikanische Immobilienkrise rächen. Es droht eine hohe Strafe und ein Image-Schaden.

Wie hoch die mögliche Strafe für die Deutsche Bank ausfallen wird, ist noch nicht absehbar. Wahrscheinlich wird das Verfahren ohnehin eher enden wie bei Goldman Sachs: mit einem Vergleich. (Foto: Getty Images)

Als Grund nennt die US-Justiz "rücksichtslose Praktiken bei der Vergabe von Hypothekenkrediten", das ging am Dienstag aus der Klageschrift hervor. Investoren reagierten erschrocken auf die Nachricht. Die Aktie der Deutschen Bank sackte um mehr als zwei Prozent ab und war damit größter Verlierer im Dax.

Über ein mögliches Verfahren gegen die Deutsche Bank war zuletzt immer wieder spekuliert worden. Erst vor ein paar Wochen hatte der US-Senat in einem Bericht die Hypothekengeschäfte des deutschen Finanzkonzerns scharf kritisiert. Allerdings ging es dabei um ein Verfahren, bei dem Immobilienkredite gebündelt und tranchiert wurden, um dann zu Wertpapieren verpackt an Investoren in aller Welt verkauft zu werden.

Wirbel um Hypothekengesellschaft MortgageIT

Diese sogenannte Verbriefung ist offenbar nicht Gegenstand der Klage, die die Bundesstaatsanwaltschaft jetzt erhoben hat (und deren exakte Formulierung man dank des Dealbook-Blogs der New York Times hier auch komplett online findet). Stattdessen geht es um die Geschäfte der Hypothekengesellschaft MortgageIT.

Die Deutsche Bank hatte die Firma, damals einer der größten Finanzierer von Hypotheken auf dem US-Häusermarkt, im Jahr 2007 übernommen. 430 Millionen Dollar bezahlten die Frankfurter für den Einstieg in das damals noch florierende Geschäft mit US-Hypothekenkrediten.

Die Ermittler werfen MortageIT nun vor, die Behörden getäuscht zu haben, um sich Staatsgarantien für vergebene Kredite zu erschleichen. Die Firma habe Hypotheken durch den Staat absichern lassen, ungeachtet der finanziellen Verhältnisse der Kreditnehmer.

Obwohl die Staatsanwaltschaft hinter dem Verfahren steht, droht der Deutschen Bank - zumindest nach derzeitigen Ermittlungsstand - kein Straf-, sondern nur ein Zivilprozess. Die US-Behörden fordern eine Entschädigung. Zusätzlich muss die Deutsche Bank im Falle einer Verurteilung mit einer Strafzahlung rechnen. Wie hoch die Strafe ausfallen wird, ist noch nicht absehbar.

Bis jetzt musste die Regierung von Barack Obama mit 386 Millionen Dollar (260 Millionen Euro) für Kreditausfälle aufkommen und rechnet mit weiteren Hunderten Millionen Dollar an künftigen Schäden. Insgesamt geht es der Klageschrift zufolge um fast 40.000 Kredite über fünf Milliarden Dollar.

Nach einer Faustformel liegt die Geldstrafe in solchen Fällen etwa beim Doppelten des Schadenersatzes - das ergäbe rund eine Milliarde Dollar. Die Deutsche Bank habe am Weiterverkauf der Hypotheken verdient "und kaum finanzielle Anreize gehabt, um die Qualität der abgesicherten Kredite zu sichern", hieß es in dem Dokument. Die Deutsche Bank reagierte scharf auf die Anklage. "Nach unserer Einschätzung entbehren die Vorwürfe jeder Grundlage", sagte ein Sprecher. "Wir werden uns mit allen rechtlichen Mitteln dagegen zur Wehr setzen."

Engagement zurückgefahren

Die Deutsche Bank verweist darauf, dass sie ihr Engagement auf dem Immobilienmarkt längst zurückgefahren habe. Als das Hypothekengeschäft in den USA mit der Finanzkrise zum Erliegen gekommen sei, habe man die Tochter geschlossen, sagte ein Sprecher. In Finanzkreisen hieß es, dass sich die Bank auch deshalb zu Unrecht angeklagt sieht, weil sie nur gut ein Jahr lang Eigentümerin der MortgageIT war. Die umstrittenen Geschäfte gehen aber bis ins Jahr 1999 zurück, wie es in der Klageschrift heißt.

Normalerweise lassen es Finanzkonzerne nicht auf juristische Auseinandersetzungen ankommen. Ein langwieriges Verfahren belastet das Image und verunsichert die Aktionäre. Es könnte daher sein, dass sich die Deutsche Bank mit der Staatsanwaltschaft auf einen Vergleich einigt. Analysten erwarten, dass sie am Ende zwischen 200 bis 300 Millionen Dollar zahlt, aber keine Schuld eingesteht. "Ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass die Deutsche Bank eine Milliarde Euro zahlen muss", sagte ein Experte, der nicht genannt werden wollte. Im vergangenen Jahr hatte Goldman Sachs 500 Millionen Dollar gezahlt, um einen Streit mit der Börsenaufsicht beizulegen.

Die Deutsche Bank hatte zuletzt häufiger Ärger mit Justiz und Regulierern. In Hongkong wurden zwei Mitarbeiter wegen des Vorwurfs der Bestechung festgenommen. In Südkorea wurde die Bank für sechs Monate von der Börse ausgeschlossen, weil sie den Handel manipuliert haben soll. Und der Bundesgerichtshof urteilte vor kurzem, die Deutsche Bank habe einen Mittelständler mit einem Zinsgeschäft übervorteilt.

© SZ vom 04.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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