Kapitalerhöhung:Ein Königreich für die Deutsche Bank

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Deutsche-Bank-Chef Anshu Jain ist gerne schneller als die Konkrrenz. (Foto: dpa)

Die Deutsche Bank sammelt neues Geld ein, künftig wird Scheich Al-Thani aus Katar mit einem Anteil von sechs Prozent größter Aktionär der Bank sein. Für die bisherigen Aktionäre bedeutet die Kapitalerhöhung eine massive Verwässerung ihrer Anteile. Doch Bankchef Jain hat die schlechte Nachricht offenbar gut verkauft.

Von Harald Freiberger und Andrea Rexer, Frankfurt, Frankfurt

Das Wort "Befreiungsschlag" wollte am Montag niemand bei der Deutschen Bank in den Mund nehmen , denn damit hat die Führung des größten Kreditinstituts der Republik schon zweimal schlechte Erfahrungen gemacht. Im Jahr 2010 leitete der damalige Chef Josef Ackermann eine Kapitalerhöhung über zehn Milliarden Euro ein, die größte in der Geschichte der Bank. Schnell war von einem "Befreiungsschlag" die Rede.

Das zweite Mal benutzte die Bank das Wort vor einem Jahr, als Anshu Jain und Jürgen Fitschen durch die Ausgabe neuer Aktien über drei Milliarden Euro einsammelten. Doch schon bald mäkelten die Analysten wieder, dass es der Bank an Kapital mangele.

Und nun folgt Nummer drei: Wieder sammelt die Deutsche Bank Geld an der Börse ein. Satte acht Milliarden Euro will sie sich holen. Allein Scheich Hamad al-Thani aus Katar mit seiner Investmentfirma übernimmt 1,75 Milliarden Euro (siehe unten ). Al-Thani, Mitglied der Herrscherfamilie und bis vor einem Jahr Ministerpräsident, wird damit ein Fünftel des frischen Geldes liefern und danach mit einem Anteil von sechs Prozent größter Aktionär der Bank sein. Aber er beansprucht keinen Sitz im Aufsichtsrat.

Höhere Summen für Rechtsstreitigkeiten

Es handle sich um eine reine Finanzbeteiligung, heißt es in der Bank. Aus Katar habe es keine Anzeichen gegeben, bei der Strategie mitreden zu wollen. Diskret hatte die Bank in den vergangenen Wochen die Finanzmärkte auf diesen Schritt vorbereitet und Hinweise gestreut. Im April hatte Jain die Spekulationen befeuert, als er sagte, dass neues Kapital absolute Priorität habe.

Bis dahin hatte die Bank betont, ihr Kapital durch einbehaltene Gewinne stärken zu wollen. Doch das reichte nicht aus. Denn zum einen lief das Geschäft nicht so gut, zum anderen musste die Bank immer höhere Summen für Rechtsstreitigkeiten ausgeben, etwa für den teuren Vergleich mit den Erben des Filmhändlers Leo Kirch.

Doch der Hauptgrund für die Kapitalerhöhung liegt bei der Bankenaufsicht. Die Regulatoren verlangen nicht nur mehr Kapital, sondern auch noch besseres. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat gerade die größte Bilanzprüfung in der europäischen Bankengeschichte begonnen. Die Notenbank will die wichtigsten 128 Banken der Euro-Zone auf Herz und Nieren prüfen, bevor sie im Herbst 2014 deren Aufsicht übernimmt. Das sorgt in der Branche für Unruhe, denn noch ist unklar, welche Maßstäbe die neuen Aufseher anlegen. Ganz offen spricht die Deutsche Bank an, dass sie sich für diese Ungewissheiten wappnen will.

Die Deutsche Bank hat viele schwer zu bewertende Wertpapiere in ihren Büchern. Wie die EZB-Bilanzprüfer damit umgehen, ist noch offen. Mit der Kapitalerhöhung hat die Deutsche Bank einen Puffer für den Fall geschaffen, dass die Annahmen rigide sind. Dass die Deutsche Bank an den Markt geht, lange bevor klar ist, ob der Stresstest überhaupt neues Kapital fällig macht, ist nicht überraschend. Denn Bankchef Anshu Jain will als Manager immer vor allen anderen da sein.

Deshalb ist es nur folgerichtig, dass er die Kapitalerhöhung durchsetzt, bevor alle anderen Banken überhaupt daran denken, frisches Geld einzusammeln. Denn später könnte es zu einem Engpass am Kapitalmarkt kommen. Da will die Deutsche Bank schneller sein. So erklärt sich auch, warum der Aktienkurs an diesem Montag nur leicht nachgab; ein Minus von rund zwei Prozent ist wenig bei einer Kapitalerhöhung dieser Größenordnung. Schließlich wird dadurch der Anteil der bisherigen Aktionäre massiv verwässert.

Die Investoren sind offenbar erleichtert, dass die Bank nicht Gefahr läuft, mit den Regulatoren Probleme zu bekommen. Das frische Geld eingerechnet, erwartet die Bank eine Kapitalquote von 11,8 Prozent. Ende des ersten Quartals hatte sie noch 9,5 Prozent gehabt. Damit sei die Deutsche Bank sogar "auf die Überholspur gegangen", schrieb Citibank-Analyst Kinner Lakhani. Das erlaube es ihr, "von der wachsenden Konsolidierung im weltweiten Investmentbanking zu profitieren".

Deutsche Bank verringert Ziele für 2015

Jain habe es mal wieder geschafft, schlechte Nachrichten gut zu verkaufen, sagte ein französischer Fondsmanager. Der Co-Vorstandschef der Bank knüpfte an die Kapitalmaßnahme eine Wachstumsstrategie. Er gab bekannt, dass die Bank ihr US-Geschäft, ihr Online-Privatkundengeschäft, die Beratung von multinationalen Unternehmen und die Vermögensverwaltung ausbauen will. "Wir bekennen uns dazu, eine führende globale Universalbank zu sein, die einzig wirklich globale Investmentbank in Europa", sagte Jain und fügte hinzu: "Für uns war die Richtung unserer Strategie nie klarer."

Der Ansatz ist nicht neu. Jain wollte schon vor zwei Jahren davon profitieren, dass sich andere Banken wie UBS oder Royal Bank of Scotland aus dem Investmentbanking teilweise zurückziehen. Doch die Gewinne im Investmentbanking sind in den letzten Quartalen sogar gesunken, vor allem weil der Anleihehandel, die Domäne der Deutschen Bank, schwächelt.

Jain stärkt nun das Investmentbanking in den USA und in Asien - auch indem er führende Londoner Deutsch-Banker dorthin beordert. Vom Anleihehandel verspricht er sich viel, wenn die Zinsen wieder anziehen: "Wir erwarten langfristig eine große Nachfrage, gerade in Europa." Im Gespräch mit Analysten betonte er, dass die Deutsche Bank das einzige Institut aus Europa sei, das bei den Top-Banken weltweit noch mithalten könne und den Kunden eine globale Produktpalette anbieten könne. Die Nachfrage der Kunden sei da, so Jain.

Bei all dem Trubel um das höhere Kapital ging fast unter, dass die Bank an ihren Zielen Abstriche machte: Im Privatkundengeschäft, im Zahlungsverkehr und im Investmentbanking nahm Jain die einzelnen Ziele bis 2015 etwas zurück. Die angepeilte Eigenkapitalrendite von zwölf Prozent nach Steuern sei nun erst 2016 erreichbar, ein Jahr später als gedacht, räumte die Bank ein.

© SZ vom 20.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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