Kampf um Opel:Plötzlich ein weiterer Interessent

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Ringen um Opel in Berlin: Drei Aspiranten für Opel sind bekannt - nun ist noch einer weiterer aufgetaucht.

Überraschung in Berlin: Im Übernahmekampf um Opel gibt es nach Angaben von Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg einen weiteren Interessenten. "Es gibt ein signalisiertes Interesse von China", sagte der CSU-Politiker.

CSU zu Opel: "Wir sind nicht bereit, unverantwortliche Risiken auf den Steuerzahler beziehungsweise die öffentlichen Haushalte abzuwälzen" (Foto: Foto: ddp)

"Mehr wissen wir im Moment nicht." Zuvor waren offiziell drei Interessenten im Rennen: der italienische Autokonzern Fiat, der Zulieferer Magna und der US-Investor Ripplewood.

SPD-Fraktionschef Peter Struck bekräftigte, dass Magna aus Sicht der SPD im Bieterkampf vorne liege. Er rechne mit einem Zuschlag für Magna. Der Zulieferer habe das "realistischere und beste Konzept", sagte Struck vor einer Fraktionssitzung in Berlin.

Er verwies darauf, dass Magna inzwischen auch bei den Plänen für das Bochumer Werk nachgebessert habe. Details nannte er nicht. Zunächst hatte der Zulieferer geplant, in Bochum 2200 der rund 5000 Jobs zu streichen und die Astra-Produktion nach Rüsselsheim zu verlagern.

Auch auf die Unterstützung der Arbeitnehmer kann Magna zählen. "Magna ist derzeit in der Pole Position", sagte Opel-Betriebsratschef Klaus Franz, nachdem er Einblick in das nachgebesserte Konzept genommen hatte.

Neben Magna hatte auch der Finanzinvestor Ripplewood den Opel-Mitarbeitern sein Übernahmekonzept vorgestellt. Nicht nach Rüsselsheim gekommen waren Vertreter des italienischen Autokonzerns Fiat. Darauf reagierte Franz empört.

Fiat will aber offenbar bei einer Übernahme von Opel weniger Staatshilfen beantragen als bisher geplant. Das überarbeitete Konzept für eine Übernahme der General-Motors-Tochter sehe Bürgschaften über sechs Milliarden Euro vor statt bislang sieben Milliarden, sagte Fiat-Chef Sergio Marchionne am Dienstag nach einem Gespräch mit Vize-Kanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD).

Unterdessen wuchs in Berlin die Sorge, dass der Bund in dem Unternehmen nur viele Milliarden versenkt: Die große Koalition von Union und SPD stritt heftig, ob auch eine " geordnete Insolvenz" als eine Möglichkeit in Betracht kommen könne.

Vor allem die CSU warnt vor zu kostspieliger staatlicher Hilfe. "Wir sind nicht bereit, unverantwortliche Risiken auf den Steuerzahler beziehungsweise die öffentlichen Haushalte abzuwälzen", bekräftigte CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer.

"Nicht vermittelbar"

Guttenberg hatte zuletzt die Konzepte der Interessenten als unzureichend bezeichnet und als erster die "geordnete Insolvenz" für Opel ins Spiel gebracht. Das Wirtschaftsministerium wies jedoch die Darstellung der Bild-Zeitung (Dienstag) zurück, er habe auch für eine Zerschlagung von Opel plädiert.

Die Zeitung berichtete unter Berufung auf einen internen Vermerk des Ministers, er halte die drei Investorenangebote für "wirtschaftlich nicht belastbar". In dem Vermerk heißt es laut Bild-Zeitung: "Aus volkswirtschaftlicher Sicht führt die Liquidation zu einem Abbau der Überkapazitäten und zu einer entsprechenden Marktbereinigung." Allerdings sei "die Liquidation ... nicht vermittelbar. Alternativ könnte eine geordnete Insolvenz angestrebt werden."

Sprecher Steffen Moritz sagte, ein solches Papier des Wirtschaftsministeriums gebe es nicht. "Ein Papier ähnlicher Art stammt von einer externen Beratungsfirma." Daher könne das in der Bild-Zeitung angeführte Zitat nicht dem Minister zugeordnet werden.

Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) sprach sich deutlich gegen eine Insolvenz von Opel aus. "Die Insolvenz ist praktisch eine Liquidation", sagte er der Financial Times Deutschland (Mittwoch).

Auch Thüringens Regierungschef Dieter Althaus (CDU) warnte vor einer Fortsetzung der Insolvenz-Debatte.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Guttenberg hatten freilich wiederholt darauf hingewiesen, dass die amerikanische Seite das letzte Wort habe.

Treuhandmodell bis Mittwoch

Merkel sagte, bei Opel handele es sich um ein Unternehmen, das im wesentlichen der US-Regierung gehöre. "Deshalb versteht es sich von selbst, dass eine Bundesregierung in den Gesprächen mit der amerikanischen Regierung sich mehr kümmern muss als in all den ganz normalen Fällen."

Es wird erwartet, dass die deutsche Seite bei ihrem Spitzentreffen an diesem Mittwoch den Amerikanern zwar ihre Präferenzen deutlich macht, aber keines der Konzepte für Opel völlig ausschließt. In den nächsten Tagen droht die Insolvenz von GM.

Daher wollen die Bundesregierung und die Länder mit Opel-Standorten den deutschen Autobauer rechtzeitig aus dem Konzern herauslösen. Dafür sollen bis Mittwoch eine Brückenfinanzierung über 1,5 Milliarden Euro sowie ein damit zusammenhängendes Treuhandmodell endgültig festgezurrt werden.

An dem Spitzentreffen an diesem Mittwoch nehmen neben Merkel und Guttenberg auch die Regierungschefs der vier Bundesländer mit Opel-Standorten - Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Thüringen - teil. Es wird erwartet, dass auch Vertreter der US-Regierung und des GM-Konzerns in die Gespräche eingebunden werden.

Das Schicksal der Opel-Konzernmutter GM liegt in der Hand der Gläubiger. Ihre spätestens in der Nacht zum Mittwoch nötige Zustimmung zu einem milliardenschweren Schuldenverzicht gilt unter Experten als höchst unwahrscheinlich.

Bei einem Nein der Gläubiger wird in den nächsten Tagen der Insolvenzantrag erwartet - mit massiven Folgen für die deutsche Tochter Opel. Ein Ultimatum von US-Präsident Barack Obama für den Traditionskonzern läuft in der Nacht zum kommenden Montag (1. Juni) ab. GM steht bei den Gläubigern mit rund 27 Milliarden Dollar in der Kreide.

Unterdessen trafen sich führende Vertreter der US-Gewerkschaft UAW sich am Dienstag, um über geplante Stellenstreichungen und Lohnkürzungen zu beraten.

Gewerkschaften verhandeln

Deutlich Zugeständnisse der Gewerkschaften sind nötig, damit die Opel-Mutter ihre Sanierung ohne Insolvenz vorantreiben kann. Die zweite und deutlich höhere Hürde ist jedoch eine Vereinbarung mit den Gläubigern von GM. Dabei dürfte am Mittwoch eine Vorentscheidung fallen.

GM hat mit den Gewerkschaften vergangene Woche eine vorläufige Einigung erzielt. Laut diesem Plan will der Konzern 21.000 Stellen von gewerkschaftlich organisierten Mitarbeitern streichen und die Produktion verstärkt in die Niedriglohnländer China, Mexiko und Südkorea verlagern.

Außerdem möchte der größte US-Autobauer nur die Hälfte seiner Schulden von 20 Milliarden Dollar an den Gesundheitsfonds für pensionierte Arbeiter (VEBA) in bar bezahlen und den Rest in Aktien. Mit einer endgültigen UAW-Entscheidung wird am Donnerstag gerechnet.

Die GM-Gewerkschaften in Kanada (CAW) haben bereits am Montag deutlichen Einschnitten zugestimmt. Unter anderem wird dort der Stundenlohn um knapp 30 Prozent auf 36 Euro sinken, was dem Lohnniveau in den kanadischen Werken des japanischen Rivalen Toyota entspricht. "Unsere Mitglieder haben angesichts der Schwierigkeiten unserer Branche deutliche Einschnitte hingenommen", sagte CAW-Präsident Ken Lewenza.

In Russland ist der Oligarch Oleg Deripaska (41), dem der potenzielle Opel-Partner GAZ gehört, einem Medienbericht zufolge auf dem Weg zur Rettung seines Imperiums vorangekommen. Die Vereinbarungen zur Neuordnung seiner Milliarden-Schulden sollten erlauben, dass Deripaskas Imperium überlebe, ohne dass der einst reichste russische Unternehmer die Kontrolle über seine Kerngeschäfte verliere, sagte Olga Sinowjewa, Managerin von Deripaskas Holding Basic Element, dem Wall Street Journal (Dienstag).

Sie sei zuversichtlich, dass der weltgrößte Aluminium-Produzent RusAl, das Herzstück der Holding, die Rückzahlung von 7,3 Milliarden Dollar (5,2 Milliarden Euro) an ausländische Gläubiger strecken könne, sagte sie. Anfang März hatte Deripaska für den mit 14 Milliarden Dollar verschuldeten Konzern ein Stillhalteabkommen mit ausländischen Banken geschlossen.

© sueddeutsche.de/dpa/AP/Reuters/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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