IT-Branche: Gerangel um Experten:Unmoralischer Handel

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Gegenseitiger Verzicht auf Abwerbungen: Apple soll Palm einen Nichtangriffspakt vorgeschlagen haben. Der Grund war wohl ein schwerer personeller Verlust, wie sich jetzt zeigt.

Thorsten Riedl

Es gibt wohl kaum unangenehmere Situationen für Vorgesetzte als den Wechsel von guten Mitarbeitern zur Konkurrenz. Microsoft-Chef Steve Ballmer hat deshalb schon Rivalen verflucht: "Ich werde Google verdammt noch mal umbringen", soll er gebrüllt haben, als ein leitender Angestellter vor einiger Zeit zum Suchmaschinenanbieter wechselte.

Das Smartphone "Pre" von Palm zielt auf dieselbe Klientel wie das Erfolgsmodell iPhone von Apple. Maßgeblich entwickelt wurden beide Geräte vom Experten Jon Rubinstein. (Foto: Foto: dpa)

Nicht weniger Verdruss scheinen solche Karrieresprünge Apple-Chef Steve Jobs zu bereiten. Nach Informationen von Bloomberg hatte er Palm vorgeschlagen, kein Personal gegenseitig abzuwerben - sonst könnte es dem kleineren Konkurrenten übel ergehen.

Fachkräftemangel selbst im Abschwung

Der Schriftwechsel, aus dem zitiert wird, wirft ein Schlaglicht auf eine Industrie, die in Teilbereichen selbst im Abschwung unter Fachkräftemangel leidet.

So sind Softwareexperten auch jetzt eine gesuchte Spezies innerhalb der IT-Industrie, vor allem für das stark nachgefragte Segment von Anwendungen für Mobiltelefone, in dem Apple und Palm seit kurzem miteinander konkurrieren. Die Schreiben, die nun ans Licht kommen, datieren vom Sommer vor zwei Jahren. Seinerzeit herrschte in der Branche noch Hochkonjunktur.

Der damalige Palm-Chef Ed Colligan habe den Vorschlag von Jobs für einen Abwerbestopp abgelehnt, heißt es. Das Vorgehen sei falsch, wird er zitiert, und "wahrscheinlich illegal".

Auslöser war der Wechsel von Jon Rubinstein wenige Monate zuvor zum Kleincomputerhersteller Palm. Der 53-Jährige gilt als einer der Erfinder des erfolgreichen iPod-Spielers für digitale Musik von Apple. Bei Palm trug er maßgeblich zur Entwicklung des Palm Pre bei, eines Handys mit Computer-Funktionen, das in direkter Konkurrenz zum iPhone von Apple steht.

Der Pre dürfte auch der Grund sein, dass der Agentur die Papiere nun zugespielt worden sind. Das Gerät gibt es seit Juni in den USA, in Deutschland soll es in diesem Jahr noch beim Mobilfunker O2 erhältlich sein.

Offene Drohung

Palm zielt damit auf dieselbe Klientel wie Apple - und nutzt sogar die Musiksoftware iTunes von Apple, was der Computerhersteller verhindern will, indem er seine Software stets abändert.

Im Schreiben an Colligan habe Jobs dem kleineren Rivalen, der vor Ankündigung des Palm Pre am Abgrund stand, offen gedroht: Apple habe mehr Patente und mehr Geld, sollte es zu einem Schlagabtausch vor Gericht kommen, schreibe Jobs. Auf eine Anfrage, das Geschriebene zu kommentieren, antwortete er nicht.

© SZ vom 21.08.2009/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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