Investment in Fußballclubs:Chinesischer Staatskonzern steigt bei Inter Mailand ein

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55 Millionen Euro investiert ein Shanghaier Unternehmen in den italienischen Erstligisten Inter Mailand. Die Chinesen wollen dadurch ihr Image pflegen und sich als Marke positionieren. In Mailand gibt es keine Berührungsängste.

Andrea Bachstein, Rom

An ihrem geliebten Klub wird künftig der chinesische Baukonzern China Railway Construction Corporation (CRCC) mit 15 Prozent beteiligt sein. Doch auf die "Interisti", die Fans des italienischen Erstligisten Inter Mailand, scheint die Nachricht vom Einstieg des Shanghaier Staatsunternehmens mit 55 Millionen Euro keinen großen Eindruck zu machen - offenbar sind sie entweder im Urlaub, oder es ist ihnen egal, woher das Geld kommt.

Die CRCC ist eines der größten chinesischen Bauunternehmen in staatlicher Hand. Einst gehörte es der Volksbefreiungsarmee. (Foto: Getty Images)

Das Zentralorgan des italienischen Sports, die Gazzetta dello Sport, schreibt zwar in roten Lettern: "Inter - die chinesische Revolution", aber das erst auf Seite 30, und die Gazzetta regt sich über den Deal genauso wenig auf wie andere Blätter.

Auf den Fan-Sites geht es am Donnerstag um das Europa-League-Qualifikationsspiel gegen Hajduk Split am Abend, und eine Dame, die ein Fernsehinterview mit Inter-Präsident Massimo Moratti gesehen hat, fragt in ihrem Beitrag: "Täusche ich mich, oder hatte Moratti weißere Zähne als sonst?"

In diesem Interview hatte Moratti nicht nur beim Lächeln Zähne gezeigt, sondern die neue Partnerschaft "eine schöne Sache" genannt, für ihn wie für das ganze Land. "Ganz besonders glücklich über die Vereinbarung" sei er sogar, sagte der 68-jährige Ölmagnat, der den Klub 1995 gekauft hat.

Er hat auch allen Grund, sich zu freuen: Mehr als eine Milliarde Euro hat Moratti Medien zufolge in den vergangenen 17 Jahren investiert in Inter. Und noch nie Gewinn gemacht. Die Bilanz 2011/12 werde ein Minus von 80 Millionen Euro aufweisen, wird erwartet.

"Reicher Depp" wird Moratti immer wieder genannt, weil er sich seine Fußball-Passion so viel kosten lässt. 98 Prozent der Aktien hält die Familie Moratti bis jetzt, und der Präsident versichert, sie werde auch mit den Chinesen im Spiel die Kontrolle im Aufsichtsrat behalten. Mit dem frischen Geld könne der Verein Schritt halten mit den Großen des Fußballs, erklärt Moratti, besondere Spieler einkaufen - und ein neues Stadion in Mailand bauen, bis 2017 müsste es stehen.

Leisten konnte sich Moratti sein geldverschlingendes Steckenpferd dank des Energie- und Raffinerie-Konzerns Aras, den er und sein Bruder geerbt haben. Beim Börsengang 2006 sollen die beiden rund 1,6 Milliarden Euro verdient haben. Aber die Geschäfte gehen nun schlechter - was bei dem neuen Partner nicht der Fall ist.

Warum für die Chinesen das Investment interessant ist, erklärt Zhao Jian, Professor an der Pekinger Jiaotong-Universität: "Die größte Motivation für die CRCC ist es, ihre eigene Marke aufzubauen. Inter Mailand kann dabei helfen, weil er zu den berühmtesten Klubs der Welt zählt." Langfristig solle das Engagement bei den Italienern dafür sorgen, dass der Bekanntheitsgrad der CRCC wächst und das Unternehmen in Folge weitere Infrastrukturprojekte in Europa an Land zieht, glaubt Zhao.

Die CRCC ist eines der größten chinesischen Bauunternehmen in staatlicher Hand. Einst gehörte es der Volksbefreiungsarmee. Laut Internetseite des Unternehmens rangiert CRCC aktuell auf Rang 133 der 500 weltweit größten Konzerne. In China belegt CRCC Platz acht. Seit März 2008 ist das Unternehmen an den Börsen in Shanghai und Hongkong notiert. Die chinesische Regierung befürwortet und unterstützt die Auslandsambitionen seiner Konzerne. "Es ist ein alternativer Weg für chinesische Unternehmen, über einen Fußballklub ins Ausland zu gehen", sagt Zhao.

Vor knapp zwei Jahren waren schon einmal Investoren aus China mit einem großen europäischen Fußballklub in Verbindung gebracht worden. Der FC Liverpool hatte das Interesse einer Gruppe von Geschäftsleuten aus der Volksrepublik geweckt. Die Chinesen versprachen, den Klub auf eine Ebene zu hieven mit finanziellen Schwergewichten wie Real Madrid oder Manchester United.

Trotz der vollmundigen Versprechen wiesen die Briten das Geld aus Fernost zurück. Den Klub übernahm schließlich ein Geschäftsmann aus den USA. In Mailand mit seiner großen Chinesen-Gemeinde gab es keine solchen Berührungsängste. Und welches Bauunternehmen das neue Stadion von Inter in Mailand konstruieren wird, dürfte jetzt auch klar sein.

© SZ vom 03.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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