Insolvenz der Drogeriekette Schlecker:"Ich kämpfe hier noch"

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Arndt Geiwitz, Insolvenzverwalter bei Schlecker, arbeitet weiterhin an der Rettung der Drogeriekette. Mit Kündigungsschutzklagen und Lohnverzicht der verbliebenen Schleckerfrauen muss er dabei gegen zwei große Probleme ankämpfen. Die Suche nach einem Investor geht derweil weiter - eine andere Entscheidung ist mittlerweile jedoch gefallen.

Max Hägler, Stuttgart

Der Insolvenzverwalter von Schlecker, Arndt Geiwitz, sieht zunehmend Probleme bei der Rettung des Drogisten. Er sei "schon ein wenig ernüchtert" angesichts der Probleme, sagte der Jurist im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung. Kritisch sei, dass derzeit zwei große Themen parallel zu lösen seien, die Kündigungsschutzklagen und der Lohnverzicht bei den verbliebenen Schleckerfrauen. Ans Aufgeben denkt er aber nicht: "Ich kämpfe hier noch."

Arndt Geiwitz ist Insolvenzverwalter bei Schlecker. (Foto: dapd)

Geiwitz hat Ende Januar die Betreuung der ehemals größten deutschen Drogeriekette übernommen. Als eine Notmaßnahme kündigte er Ende März knapp 10.000 Mitarbeiterinnen. Bislang seien Klagen von 3850 Betroffenen eingegangen. Das sei eine "dicker Brocken", der ein hohes Risiko darstellt: Sollte sich jede der Frauen wieder einklagen ins Unternehmen, würden die Lohnkosten wieder um 100 Millionen Euro im Jahr nach oben schnellen. Vor einem Monat scheiterte eine bundesweite Auffanggesellschaft, die die Kündigungen verhindert hätte, am Widerstand der FDP.

Das Insolvenzbüro hatte daraufhin versucht, Klagen per Abfindungen abzuwenden. Doch auch das scheiterte - am Protest der Gewerkschaft Verdi. "Ich hoffe nicht, dass diese Klagen die Investorensuche platzen lassen", sagt Geiwitz nun. Mit fünf Investoren, darunter mindestens einem aus Deutschland, ist er derzeit im Gespräch.

Neben den Klagen sind die stockenden Sondierungen mit den Arbeitnehmervertretern ein Problem: Geiwitz fordert, dass die verbliebenen 13.500 Mitarbeiterinnen bis Ende 2014 auf 15 Prozent ihres Gehalts verzichten - und damit an der Sanierung mitwirken. "Ich muss einige hundert Millionen Euro Verlust im Jahr umdrehen, da brauche ich für eine Übergangszeit deren Hilfe." Die Gewerkschaft Verdi ist bislang allerdings nur zu solchen Zugeständnissen bereit, wenn sie Einblicke in die Sanierungskonzepte der potentiellen Investoren bekommt.

Erst an diesem Donnerstag sind die Gespräche zwischen Verdi und dem Insolvenzverwalter abermals ohne Ergebnis vertagt worden. Verdi sprach danach von einer "sehr schwierigen Situation". Man sei nicht bereit blind in ein Risiko zu laufen und prekäre Arbeitsbedingungen zu akzeptieren, heißt es von Gewerkschaftsseite immer lauter. Und: Wenn das Geschäftsmodell Schlecker keine vernünftigen Löhne ermögliche, dann müsse es eben abgewickelt werden.

Termin zur Vorstellung eines Investors wohl nicht zu halten

Ihn "frustriere" die harsche Haltung der Gewerkschaft, sagt Geiwitz. Eine Vorstellungsrunde der Investoren vor der Bundestarifkommission von Verdi sei nicht möglich. Aber die Gewerkschaft müsse durchaus "nicht die Katze im Sack kaufen", es gebe ein Veto-Recht: "Wenn Verdi an der Seriosität eines ausgewählten Investors zweifelt, dann würden die verhandelten Zugeständnisse wieder rückgängig gemacht werden." Zudem fordere auch er von Investoren, dass erst das Lohnniveau wieder hergestellt werden müsse, bevor es Ausschüttungen gebe.

Von der Ernsthaftigkeit der fünf Interessenten an Schlecker gibt sich Geiwitz weitgehend überzeugt. Alle würden fünf würden gerade viel Geld investieren in teure Rechts- und Finanzberater. "Das macht man nicht, wenn man nur einmal mitspielen möchte."

Angesichts der Schwierigkeiten sei der geplante Termin zur Vorstellung eines Investors wahrscheinlich nicht zu halten. An Pfingsten wollte Geiwitz mitteilen, wer Schlecker übernimmt. Nun stellt sich zunehmend die Frage, ob überhaupt ein Name genannt werden kann. Der Aufschub dabei ist problematisch: Zwar liegt der Umsatz im Monat April leicht über Plan, jedoch nicht der Ertrag. Anfallende Verluste wiederum muss der Gläubigerausschuss absegnen - doch werden die fünf Vertreter solche Verpflichtungen nicht bis zu einer beliebigen Höhe abnicken: Es drohen Schadenersatzklagen anderer Gläubiger.

Immerhin eines ist mittlerweile sicher bei der Drogeriekette: Keiner aus der Familie Schlecker - weder Vater Anton noch die Kinder Meike und Lars - wird mehr Haupteigner sein. Die anfangs im Raum stehende Lösung eines Insolvenzplanverfahrens, bei dem die Familie Schlecker einzahlt und mehrheitlich im Unternehmen bleibt, sei nicht mehr realistisch, sagt Geiwitz. Zum einen sei das rechtlich kaum machbar und zum anderen gäbe es eine "Revolution", wenn nach der Kündigung von 10.000 Schleckerfrauen die alten Eigner wieder - dann entschuldet - an die Macht kommen würden.

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