Elektromobilität:Warum die USA Steuerprämien für VW und BMW streichen

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Das Gehäuse eines Volkswagen ID.4 auf einer Auto-Show in New York: Auf der Liste der US-Regierung ist das Modell derzeit nicht zu finden. (Foto: Ron Adar/IMAGO/ZUMA Wire)

Washington subventioniert jetzt vor allem Elektrofahrzeuge aus heimischer Produktion. Für deutsche Autobauer hat das gravierende Folgen.

Von Thomas Fromm

Die Detroit Free Press, die Zeitung aus der alten amerikanischen Auto-Stadt, hatte dann gleich auch eine Liste parat. Darauf jene Elektroauto-Modelle, die für die US-Steuerprämien von bis zu 7500 Dollar infrage kämen. Zum Beispiel Cadillac Lyriq, Chevrolet Bolt, Chrysler Pacifica PHEV, Ford F-150 Lightning, Lincoln Aviator Grand Touring Plug-in-Hybrid - alles Autos aus heimischer, also US-Produktion. Aus den Hallen des Detroiter Konzerns General Motors kämen sogar die "meisten Elektrovehikel", die für die Steuerprämien "geeignet" seien. Demnach weniger geeignet für Subventionen und auch nicht auf der Liste der Zeitung aus Motown, die sich wiederum auf eine Liste des Finanzministeriums und der US-Steuerbehörde IRS beruft: Elektroautos der Hersteller Volkswagen, BMW, Mercedes, Nissan, Hyundai und Volvo. Etliche Modelle erfüllen dem US-Finanzministerium zufolge nicht die neuen Voraussetzungen für die Steuererleichterungen - und gehen damit leer aus.

Zehn Automodelle sind es, die derzeit für die volle Prämie von 7500 Dollar (etwa 6800 Euro) infrage kommen, und sie werden gebaut von den größten US-Autokonzernen General Motors und Ford sowie von Tesla und Stellantis. Für den kalifornischen E-Auto-Bauer Tesla gab es allerdings auch einen Rückschlag: Das US-Finanzministerium kürzte die Prämie bei der Standardversion des Verkaufsschlagers Model 3.

Wer Steuererleichterungen bekommt, ist im Vorteil

Das ist eine Entscheidung, die es vielen ausländischen Anbietern nun erst einmal schwerer machen dürfte, ihre elektrischen Modelle auf dem US-Markt unterzubringen. Die USA sind für die Europäer nach China ein zentraler Absatzmarkt; ein großer Teil der 2022 in die USA gelieferten Elektroautos kam von deutschen Herstellern. Die Sorgen kommen nicht von ungefähr: Wer die Möglichkeit hat, von den attraktiven Steuererleichterungen zu profitieren, ist am Markt im Vorteil.

Nun ist es nicht so, dass die Entscheidung der US-Regierung überraschend käme - im Gegenteil. Washington will den Kauf von modernen Elektroautos als Teil des milliardenschweren, sogenannten Inflation Reduction Act fördern, mit dem US-Präsident Joe Biden die heimische Industrie stärken will.

Um in den Genuss der staatlichen Prämien zu kommen, müssen besondere Kriterien erfüllt sein. Die Autos müssen in den USA gefertigt werden, mindestens die Hälfte des Wertes der Batteriekomponenten muss aus heimischer, also amerikanischer Produktion stammen. Das Kalkül der US-Regierung: Wer einen großen Teil seiner Batteriekomponenten in den USA fertigt, greift auch auf wichtige Rohstoffe aus den USA oder deren Handelspartnern zurück. Und hier liegt für die Konzerne, deren Verkäufe jetzt nicht subventioniert werden, das Problem. Sie können die neuen Regeln zur Batteriebeschaffung, die ab Dienstag gelten, oft nicht erfüllen.

Die Sorge ist, dass die Subventionen auf Kosten der europäischen Industrie gehen

Das Vorgehen Washingtons ist politisch brisant; seit Monaten drängen Lobbyisten aus Europa auf eine Öffnung des Förderprogramms. Die große Sorge ist, dass die Subventionspolitik der USA auf Kosten der europäischen Industrie geht. Mit der Folge, dass große europäische Unternehmen künftig verstärkt in den USA produzieren und einkaufen. Arbeitsplätze, Forschung, Entwicklung und Milliardengelder: Vieles könnte dann in den USA statt in Deutschland, Frankreich oder Italien landen.

Allerdings gehört es auch zu den Zielen der US-Regierung, die Abhängigkeit von chinesischer Batterietechnologie zurückzufahren. Was derzeit passiert, könnte also auch ein erster Vorgeschmack auf das sein, was große Unternehmen erwartet, sollte sich die internationale Rivalität zwischen den USA und China weiter zuspitzen.

Autobauer wie der koreanische Produzent Kia wollen sich nun auf die neuen Gegebenheiten einstellen und planen, Teile der Produktion weiter in die USA zu verlagern. So soll die Produktion des EV9-SUV im nächsten Jahr von Korea nach West Point, Georgia, verlagert werden. Andere hoffen noch. So wie Volkswagen.

In Wolfsburg galt es als sicher, dass der in Chattanooga gebaute Elektro-Wagen ID.4 unter das amerikanische Subventionsprogramm fällt. Überraschung: Auf der Liste der US-Regierung ist der ID.4 nicht zu finden. Ein VW-Sprecher sagte nun, das Unternehmen sei "ziemlich zuversichtlich", mit seinem E-Modell ID.4 am Ende die Steuerprämien zu bekommen. Es werde nur noch auf wichtige Unterlagen von einem Zulieferer gewartet. Auch bei BMW gibt man sich betont entspannt. Zwei Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge, der BMW 330e und der BMW X5 45e, würden sich "bei Anwendung der konkretisierten Vorgaben nicht mehr für eine Förderung" qualifizieren. Dieser "Sachverhalt war für uns absehbar und wurde bereits in unsere Vertriebsplanung integriert", heißt es weiter. Und dann möchte der Konzern noch konkretisieren: "Dass die beiden Modelle nicht mehr in die Förderung fallen, bedeutet nicht, dass wir die Fahrzeuge in den USA nicht mehr verkaufen können bzw. dürfen." Was natürlich stimmt. Aber einfacher ist es für einen Autokonzern in den USA derzeit wohl doch mit Steuerprämien.

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