Kommunen:Hannover beendet Deal mit Investor Windhorst

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Belit Onay (Bündnis 90/Die Grünen) spricht. (Foto: Michael Matthey/dpa/Archivbild)

Keine Verbindlichkeit, erschüttertes Vertrauen. Die Stadt Hannover beendet ein für Jahre geplantes Mietprojekt mit dem Inverstor Lars Windhorst. Was passiert nun mit der verfallenden Immobilie, deren Anblick seit Jahren nervt?

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Hannover (dpa/lni) - Der millionenschwere Streit um den Baufortschritt im teilweise maroden Ihme-Zentrum in Hannover ist eskaliert. Da Investitionen und nachhaltiges Engagement von Investor Lars Windhorst offenkundig ausbleiben, werde nun das Sonderkündigungsrecht für Mietflächen genutzt, teilte die Stadt am Donnerstag mit. „Leider müssen wir feststellen, dass es den notwendigen Baufortschritt im Ihme-Zentrum nicht gibt“, sagte Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne).

Der Unternehmer habe kaum eine seiner Zusagen eingehalten. „Entsprechend ziehen wir nun die Konsequenzen und kündigen den Mietvertrag“, sagte Onay. Zunächst hatte unter anderen die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ (Donnerstag) über die beendete Zusammenarbeit zwischen der niedersächsischen Landeshauptstadt und mit dem umstrittenen Großinvestor berichtet. Dem Blatt zufolge droht eine Zwangsversteigerung.

Der große Wohn- und Bürokomplex aus den 1970er Jahren am Ufer der Ihme im Stadtteil Linden gilt seit Jahren als sanierungsbedürftig, viele Anwohner sind von der Situation und dem Anblick genervt. Die Stadt unterhielt zuletzt noch rund 150 Arbeitsplätze des Fachbereichs Senioren in der Ihmepassage, die nach Angaben eines Stadtsprechers bis Ende Juni geräumt sein werden. Ab Mitte 2023 sollte ein neuer Mietvertrag gelten, von dem die Verwaltung aber mit nun zurücktrete.

„Wir haben nicht ohne Grund vor rund zwei Jahren einen Vertrag mit Herrn Windhorst geschlossen, der uns Ausstiegsmöglichkeiten bietet. Als öffentliche Hand müssen wir verantwortungsvoll mit Steuergeldern umgehen“, sagte OB Onay. Es habe in den vergangenen Wochen ein intensiver Austausch stattgefunden, bei dem aber die notwendige Verbindlichkeit ausgeblieben sei, um erschüttertes Vertrauen zurückzugewinnen.

Die Stadt wollte mit Abschluss der Renovierung ab Mitte 2023 rund 24000 Quadratmeter Büroflächen für 20 Jahre anmieten – für 2,5 Millionen Euro pro Jahr. Das Sonderkündigungsrecht ergebe sich unter anderem aus dem mangelnden baulichen Fortschritt und es seien bereits Strafzahlungen in Höhe von 3,6 Millionen Euro aus den Versäumnissen fällig geworden, die zum überwiegenden Teil auch schon eingetrieben werden konnten.

„Wir schätzen, dass die Kosten bis zur kompletten Fertigstellung der Sanierung des Ihme-Zentrums bei rund 150 Millionen Euro liegen“, teilte ein Sprecher von Windhorsts Firma Tennor auf Anfrage mit. Es gebe auch weiterhin die Bereitschaft, dieses Geld zur Vollendung der Sanierung zu investieren. Aber unter der Voraussetzung, dass die Stadt 20-Jahres-Mietverträge zu marktüblichen Mietpreisen anbiete. Ohne eine verbindliche Zusage dazu könne man das Risiko des weiteren Investments nicht vertreten.

Der Investor Windhorst - im Teenageralter als unternehmerischer Jungstar bezeichnet und vom damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl als „Wunderkind“ gelobt - hatte viele, auch umstrittene Finanzinvestments getätigt. Unter anderem stieg er 2019 mit 374 Millionen Euro beim Berliner Fußballclub Hertha BSC ein - ein für die Bundesliga einmaliges Einzel-Investment. Nach dem Verkauf der Anteile an eine US-Investmentfirma gilt das Kapitel aber als beendet.

Dass der Ausstieg der Stadt aus dem Ihme-Zentrum nun Sorgen hervorruft, ist Onay zufolge klar. Es sei jedoch im überragenden öffentlichen Interesse, einen klaren Schlussstrich zu ziehen. Dieser müsse aber nicht endgültig sein: „Wenn das Ihme-Zentrum irgendwann fit ist, ist es auch für die Stadtverwaltung wieder ein interessanter Ort“, sagte Onay.

© dpa-infocom, dpa:230323-99-57068/4

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