IG Metall:Wegen der 28-Stunden-Woche drohen 24-Stunden-Streiks

Warnstreiks der IG Metall

Beim Streit zwischen Gewerkschaft und Arbeitgebern geht es vor allem um die Arbeitszeit: Die IG Metall will, dass Mitarbeiter ihre Arbeitszeit befristet auf 28 Stunden senken können.

(Foto: dpa)
  • IG Metall und Arbeitgeber haben am Wochenende erfolglos versucht, ihren Tarifkonflikt zu lösen. Von Mittwoch an drohen nun 24-stündige Streiks.
  • Die Lohnforderung der Gewerkschaft spielt eine untergeordnete Rolle. Wichtigster Streitpunkt ist der Wunsch nach vorübergehender Arbeitszeitverkürzung.
  • Die Metall-Arbeitgeber sind schon jetzt unzufrieden mit den Arbeitszeit-Regelungen. In Zeiten guter Konjunktur wollen sie nicht auf noch mehr Arbeitskräfte verzichten.

Von Detlef Esslinger

Manchmal ist es ein beiläufiger Satz, der die ganze Problematik offenlegt. Einen Abend, eine Nacht und einen Vormittag lang hatten Gewerkschafter und Arbeitgeber nun beisammengesessen. Klar war vorher nur, dies würde die letzte Chance sein, Streiks noch zu verhindern. Klar ist nun, die Chance ist vertan. Und jetzt versuchen die Kontrahenten das, was zu einer solchen Situation gehört wie die Bahnhofsgrube zu Stuttgart: dem jeweils anderen die Schuld zu geben.

Roman Zitzelsberger, der Verhandlungsführer der IG Metall, hat länger darüber gesprochen, wie nah man angeblich an einer Lösung war, welch "konsistenten, durchdeklinierten Vorschlag" er vorgelegt habe - nämlich ein Konzept, wie die Arbeitnehmer Geld in Freizeit umwandeln könnten. Jetzt sagt er: "Die Arbeitgeber hätten nur noch ein paar Arbeitstage draufsetzen müssen, und alles wäre gelöst gewesen."

Nur noch ein paar Arbeitstage draufsetzen. Nach dem Motto: Was sind die so kleinlich, was stellen die sich so an? Was allerdings diesen Tarifkonflikt betrifft, ist die Frage der Arbeitstage überhaupt keine Kleinigkeit - sondern das Kernproblem. Es geht diesmal weniger um Geld. Darüber haben sich beide Seiten zwar auch noch nicht einigen können, aber einen Kompromiss zwischen der Sechs-Prozent-Forderung der IG Metall und dem Zwei-Prozent-Angebot der Arbeitgeber trauen sich alle nach wie vor zu.

Es geht vor allem darum, dass die IG Metall für jeden der 3,9 Millionen Beschäftigten der Branche das Recht fordert, die wöchentliche Arbeitszeit für bis zu zwei Jahre auf bis zu 28 Stunden reduzieren zu dürfen. Und wer dies deshalb tun will, weil er Schichtarbeiter ist oder sich daheim um Angehörige kümmern will, der soll für den Lohnausfall vom Arbeitgeber zumindest zum Teil entschädigt werden. Viele Arbeitgeber wissen nicht, was sie furchtbarer finden sollen: dass die Gewerkschaft Arbeitskapazität abziehen will in einer Zeit, da viele Betriebe voll ausgelastet sind "und Sie in manchen Regionen nicht einmal mehr Ungelernte finden", wie einer ihrer Unterhändler sagt - oder dass sie diese Idee auch noch subventionieren sollen.

Die IG Metall präsentierte ein Ding namens "E-Zug". Klang gut, fuhr aber nicht

Irgendwer in einem der beiden Lager hat ausgerechnet, dass Gewerkschafter und Arbeitgeber nun insgesamt 91 Stunden darüber verhandelt haben. Sie haben Modelle entworfen, in denen die einen Beschäftigten mehr arbeiten sollen, damit die anderen weniger arbeiten können. Hier "waren wir schon sehr weit", sagte der Verhandlungsführer der Arbeitgeber, Stefan Wolf. Das wäre also wohl nicht mehr ganz so furchtbar geworden.

Aber es scheiterte letztlich am Lohnausgleich. Das "konsistente, durchdeklinierte" Modell, das die IG Metall im Laufe der Verhandlungen entwickelte, bestand darin, die Beschäftigten selber entscheiden zu lassen, ob sie mehr Geld oder mehr Freizeit haben möchten - und statt eines Lohnausgleichs ein Ding namens "E-ZUG" einzuführen: "Ergänzendes Zusätzliches Urlaubs-Geld".

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