Hotels:Raus aus dem Panikmodus

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André Meier hilft Hotels mit seiner Firma Online Birds, unabhängiger von den großen Buchungsportalen zu werden. Gerade jetzt in der Krise müsse die Digitalisierung genutzt werden.

Von Helmut Martin-Jung, München

Eigentlich hat Online Birds, das Unternehmen von André Meier, gut dafür gesorgt, sich nicht von einem oder wenigen Auftraggebern abhängig zu machen. "Kein Kunde macht mehr als drei Prozent des Umsatzes aus", sagt Meier, 33, der das Münchner Unternehmen vor siebeneinhalb Jahren gegründet hat. Aber, fragt er rhetorisch, "wer hätte ahnen können, dass es eine ganze Branche erwischt?" Online Birds übernimmt für Hotels alles rund ums digitale Marketing, gestaltet Webseiten, kümmert sich um Anzeigen bei Google und die Platzierung in den Suchergebnissen. Auch den Auftritt in sozialen Medien sowie das Marketing per E-Mail haben Meiers 45 Mitarbeiter im Portfolio. Doch nun haben die Hotels wegen der Corona-Pandemie geschlossen. Und jetzt?

"Die Hotels werden schon sehr unmittelbar getroffen", sagt Meier, erst einmal würde Geld vom Staat helfen, aber es gebe auch weitere Hilferufe, die gehört werden sollten. Mittel- und langfristig sieht er allerdings gute Chancen für die Hotellerie in Deutschland. Zwar sei es gut möglich, dass es weniger Geschäftsreisen gebe, aber viele hätten ihre Urlaube im Ausland abgesagt, wollten aber auch nicht zu Hause bleiben. Sein Fazit: "Wir müssen raus aus dem Panikmodus."

Das Wichtigste sei jetzt, in der Krise "sichtbar zu bleiben", sagt er. Meier ist sicher, dass diejenigen Hotelbetreiber, die jetzt nicht resignieren, sondern weitermachen, es danach leichter haben. Es ist natürlich auch gut für sein Geschäft, wenn die Hotels bereits jetzt, mitten in der Krise, schon an die Zukunft denken. Wenn sie versuchen, ihre Stammkunden zu halten und neue zu gewinnen. Manche, gerade in Städten, gingen auch jetzt schon neue Wege und böten ihre Zimmer als Büros an.

Zurzeit seien die Menschen sehr viel im Internet und in sozialen Netzwerken unterwegs, sagt Meier. Dort jetzt präsent zu sein, "bringt einem nichts Kurzfristiges, aber man bleibt im Mindset der Bucher oben". Meier hat "äußerst intensive Wochen" hinter sich, sagt er. Dass gerade jetzt ins Digitale investiert werden muss - das scheint immer noch mit Erklärungsbedarf verbunden zu sein. "Als wir vor siebeneinhalb Jahren angefangen haben, war der Stand bei allen ziemlich gleich, bei null." Heute ist es unterschiedlich, aber in manchen Häusern sei nach wie vor kaum digitales Basiswissen vorhanden. Viele seien gut eingeführt gewesen, die Hotels hätten lange nichts für ihre Online-Präsenz machen müssen. "Die Eigentümer kamen aus einer Generation, in der das nicht nötig war."

Als Hilfestellung und Lockmittel hat Online Birds den "Hotel digital score" erfunden, ein zusammen mit Google entwickeltes Angebot im Netz, bei dem jeder in Sekundenschnelle überprüfen kann, wie gut seine Hotelwebseite im Vergleich zur Konkurrenz abschneidet. Dafür hat das Unternehmen sogar einen Innovationspreis des Hotellerie-Verbandes erhalten. "Manche Marketingleute in den Hotels waren froh darüber", erzählt Meier, "weil sie den Chefs endlich mal beweisen konnten, dass das, was sie schon lange gefordert hatten, wirklich nötig ist."

Mit seinen Dienstleistungen will Online Birds seine Kunden - das sind Ketten wie 25 Hours oder Le Méridien und berühmte Häuser wie Schloss Elmau - dabei helfen, dass die Kunden direkt bei ihnen buchen und nicht über Vermittler wie booking.com. Denn die verlangen Provisionen, und wer zum Beispiel Zimmer günstiger anbiete als bei diesen Plattformen, müsse damit rechnen, weiter hinten angezeigt zu werden - und damit weniger Buchungen zu erhalten, sagt Meier.

Hinzu komme: In den vergangenen Jahren trieben sich unseriöse Anbieter auf dem Markt herum, "da wurde viel Geld verbrannt". Das sei zwar zum Glück vorbei, aber noch immer gebe es Tausende von Marketing-Dienstleistern, die auch bei Hotels ihre Dienste anbieten, so Meier. Entscheidend sei aber das Fachwissen und oft auch lokale Erfahrung. So komme seine Firma auch bei großen Ketten an Aufträge, die zwar eine eigene Marketing-Abteilung haben, aber für manche Märkte auf die Vertrautheit mit den örtlichen Gepflogenheiten setzen.

© SZ vom 17.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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