Handelsflotte:Warum Nordkoreas Schiffe unter falscher Flagge fahren

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Nordkoreanische Schiffe warten auf die Einfahrt in den Taedong-Fluss. Viele von ihnen sind etwa in Tansania registriert, um Embargos zu umgehen. (Foto: AFP)
  • Etwa zwei Drittel der globalen Handelsflotte sind in anderen Ländern registriert als ihre Besitzer.
  • Einige Reeder machen das, um Steuern zu sparen oder illegale Transporte zu verschleiern - Nordkorea aber versucht so, Sanktionen zu umgehen.
  • Nach den neuesten Provokationen wollen erste Länder die nordkoreanischen Schiffe loswerden - aber sie werden einfach umgeflaggt.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Die Lucky Future ist ein 22 000-Tonnen-Frachter, registriert in Tansania. Am Donnerstag lief sie Songrim an, einen Hafen am Taedong-Fluss, 50 Kilometer südlich von Pjöngjang. Dabei kreuzte ihr Weg den des Frachters Chon Won 65, der in der Mongolei gemeldet ist. Zur gleichen Zeit kam die Zhi Kun 6 nach Nordkorea - unter der Flagge der Fidschi-Inseln, die Jessica unter jener Irlands, außerdem die Kun Peng, die in Togo registriert ist. Auch der Tanker Huma, ebenfalls in Tansania registriert, landete am Donnerstag in Nordkorea. Für ein Land, über das die UN strengste Sanktionen verhängt haben, erhält Nordkorea etwas viele exotische Besucher.

Allerdings sind diese alten, rostigen Schiffe weniger international, als ihre Flaggen vermuten lassen. Das belegte etwa 2014 der Untergang eines mongolischen Schiffes vor der Küste Südkoreas: Die Mannschaft, von der nicht alle die Havarie überlebten, bestand aus Nordkoreanern. Viele der Schiffe gehören auch Pjöngjang - oder Reedereien, die anderswo in Asien angesiedelt, mit Nordkorea aber verbandelt sind. Die Lucky Future pendelt exklusiv zwischen China und Nordkorea.

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Andere Flagge, andere Vorschriften

Die Praxis, Schiffe auszuflaggen, existiert seit der Antike. Heute sind zwei Drittel der globalen Handelsflotte in anderen Ländern registriert als ihre Besitzer, besonders viele in Panama, Honduras und Liberia. Die Reeder sparen damit Steuern und Gebühren, die Löhne sind im Ausland oft niedriger und die Vorschriften lockerer.

Es gibt aber auch andere Gründe für das Fahren unter falscher Flagge: Schmuggel zum Beispiel oder der illegale Transport von Flüchtlingen. Die meist russischen oder ukrainischen Fischer, die in der russischen Hoheitszone im Ochotskischen Meer nördlich von Hokkaido wildern, um ihre Fänge nach Japan zu verkaufen, bevorzugen südostasiatische Flaggen: die von Kambodscha etwa, dessen Schiffsregister lange von derselben Agentur verwaltet wurde wie das der Mongolei. Wenn Russlands Küstenwache die wildernden Fischer erwischt, es ihnen aber gelingt, sich in internationale Gewässer abzusetzen, bietet ihnen die internationale Flagge etwas Schutz. Nordkorea hingegen flaggt seine Schiffe zur Vertuschung aus - um Sanktionen und Embargos zu umgehen.

Erste Länder wollen nordkoreanische Schiffe loswerden

Doch dieses Versteckspiel scheint für Pjöngjang nun schwieriger zu werden, was nicht zuletzt an den Provokationen des Regimes vom Kim Jong Un liegt. Nach Nordkoreas jüngsten Atom- und Raketenversuchen will der UN-Sicherheitsrat die Sanktionen nun noch weiter verschärfen. Auch der Ton Südkoreas ist schriller geworden, zumal Kim Jong Un klargemacht hat, dass er nicht an Verhandlungen denkt. Allein diese Woche ließ er zwei Raketentests durchführen, die beide scheiterten. Seoul erklärte jüngst, es werde Pjöngjang bei ersten Anzeichen eines nordkoreanischen Angriffs einäschern. Solche Verbalattacken kamen bisher nur aus dem Norden.

Angesichts der Zuspitzung bekommen nun Länder kalte Füße, die mit Südkorea Handel trieben, aber auch mit Pjöngjang einigermaßen normale Beziehungen unterhielten. Singapur, einer der wenigen Staaten, der Nordkoreaner bisher frei ins Land ließ, hat für sie eine Visumspflicht eingeführt. Polen, Malta und Katar, die bisher nordkoreanische Gastarbeiter engagierten, wollen diese Programme beenden.

Jordanien möchte nun die unter seiner Fahne registrierten Schiffe aus Nordkorea loswerden, die Mongolei hat das bereits getan: 14 Handelsschiffen von nordkoreanischen Reedereien wurde die Registrierung entzogen. Wie ein Branchendienst berichtet, hat Pjöngjang die Schiffe nach Tansania umgeflaggt. Seit März seien 50 nordkoreanische Schiffe beim "Tansania Sansibar Register" angemeldet worden, Daressalam dementiert. Aber www.marinetraffic.com, eine Seite, auf der sich die Bewegungen von Schiffen nachvollziehen lassen, zeigt: Schiffe unter der Flagge Tansanias laufen täglich in Nordkoreas Häfen ein.

© SZ vom 21.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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