Handel mit Kreditderivaten:Schäuble kämpft gegen Spekulanten

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Kreditderivate sollten einst nur Geschäfte absichern - doch die Banken spekulieren heftig mit ihnen. Das will die Regierung jetzt unterbinden.

C. Hulverscheidt

Die schwarz-gelbe Koalition will den Handel mit hoch spekulativen Finanzinstrumenten einschränken. Im Zentrum der Überlegungen stehen dabei Kreditausfallversicherungen, sogenannte Credit Default Swaps (CDS).

Sie werden häufig zweckentfremdet und ohne jede staatliche Aufsicht für reine Spekulationsgeschäfte verwendet.

Derzeit wird auf den Finanzmärkten mit Hilfe von CDS auf einen Staatsbankrott Griechenlands gewettet. Das führt dazu, dass die Regierung in Athen beim Verkauf neuer Schuldverschreibungen immer höhere Zinsen anbieten muss.

Echte Geschäfte als Grundlage

Die Finanzexperten von CDU/CSU und FDP denken deshalb darüber nach, den Handel mit solchen Papieren nur noch zu erlauben, wenn dahinter ein reales Versicherungsgeschäft steht. Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat bereits Sympathie für ein solches teilweises Handelsverbot erkennen lassen.

2008 hatten CDS maßgeblich zur Beinahepleite des US-Versicherungskonzerns AIG und damit zum Ausbruch der Weltfinanzkrise beigetragen. In den vergangenen Wochen waren die Preise für Credit Default Swaps auf griechische Staatsanleihen in die Höhe geschnellt. Zuletzt kostete die Absicherung eines Bonds mit einer Laufzeit von fünf Jahren und einem Volumen von einer Million Euro 35000 Euro. Für das deutsche Pendant musste ein Zehntel bezahlt werden.

Weltweit stehen nach Schätzungen von Experten Credit Default Swaps mit einem Bruttovolumen von 26 Billionen Dollar in den Büchern der Großbanken, Hedge-Fonds und Spezialversicherer (sogenannten Monolinern), die sich an dem Geschäft beteiligen. Wer wie viele der Papiere besitzt und ob sich irgendwo Risiken ballen, weiß niemand. Das liegt auch daran, dass Käufe und Verkäufe direkt zwischen den Banken und nicht über eine Börse abgewickelt werden.

Ebenso unklar ist - auch im Falle Griechenlands - welcher Teil der im Umlauf befindlichen Papiere tatsächlich der Absicherung von Kreditrisiken dienen und welcher für rein spekulative Geschäfte eingesetzt wird. Denn die großen Finanzhäuser handeln auch dann mit CDS, wenn sie die zugrundeliegenden Schuldverschreibungen gar nicht besitzen.

Die Idee dahinter: Je größer die Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls des Anleiheemittenten wird, desto mehr lohnt es sich, die Ausfallversicherungen zu kaufen und nach kurzer Zeit mit hohem Gewinn wieder zu veräußern. Parallel dazu vergrößern sich jedoch die Probleme des betroffenen Landes oder Unternehmens, Anleihen zu einigermaßen erträglichen Bedingungen am Markt zu platzieren.

Rückendeckung aus der Koalition

Um die Probleme anzugehen, dringt Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nun darauf, die Transparenzvorschriften für CDS-Geschäfte deutlich zu verschärfen. Im Gespräch ist unter anderem, den unkontrollierten Handel der Finanzhäuser untereinander zu verbieten und sämtliche Transaktionen über staatlich beaufsichtigte Börsen abzuwickeln. Sollte das nicht fruchten, kann sich Schäuble auch vorstellen, CDS-Geschäfte zu verbieten, wenn kein "ökonomisch sinnvoller Sicherungszweck" erkennbar ist.

Rückendeckung erhält der Minister aus der Koalition. Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Michael Meister sagte der Süddeutschen Zeitung, solche Geschäfte müssten künftig "der Aufsicht unterliegen und über Börsen abgewickelt" werden. Es sei auch denkbar, die Eigenkapitalerfordernisse für CDS-Transaktionen zu verschärfen oder den Handel nur noch denen zu erlauben, die die entsprechenden Anleihen besitzen. "Es muss ein Eigenrisiko für die Banken bestehen", betonte Meister.

Auch der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Carl-Ludwig Thiele, verlangte eine Überprüfung der Handelsstrukturen. "Es kann nicht sein, dass an den Finanzmärkten ohne jeden Bezug zu realen Geschäften Spekulationen betrieben werden, die zu bedeutenden volkswirtschaftlichen Schäden führen können", sagte er der SZ.

Thiele verwies allerdings wie Schäuble und Meister darauf, dass sich neue Regeln nur international durchsetzen ließen.

Nach Angaben aus Regierungskreisen hat die Europäische Kommission die EU-Mitgliedsstaaten für Anfang März zu einem ersten Gedankenaustausch zum Thema CDS eingeladen. Bis die entsprechende EU-Richtlinie dann novelliert wäre, könnte allerdings noch einmal ein Jahr vergehen. Griechenland wäre damit also - zumindest kurzfristig - nicht geholfen.

© SZ vom 25.02.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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