Griechenland:Schäuble gegen Juncker

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Finanzminister Wolfgang Schäuble (Foto: Bloomberg)
  • Die Verhandlungen für ein drittes Hilfspaket werden womöglich nicht rechtzeitig abgeschlossen.
  • Gegebenenfalls muss über einen neuen Brückenkredit nachgedacht werden.

Von Guido Bohsem und Daniel Brössler, Berlin

Wolfgang Schäuble (CDU) rechnet offenbar damit, dass die Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket für Griechenland nicht rechtzeitig beendet werden. "Ein Programm, das für drei Jahre und über 80 Milliarden Euro tragen soll, braucht eine wirklich solide Grundlage", hieß es in Kreisen seines Ministeriums. Das gehe nicht per Zuruf. Deshalb zieht der Finanzminister wohl in Erwägung, einen weiteren Zwischenkredit zu vereinbaren. "Lieber eine weitere Brückenfinanzierung als ein nur halbfertiges Programm", hieß es in seinem Ministerium.

Derzeit ist vorgesehen, die zur Bedienung der Kredite im August notwendigen fünf Milliarden Euro aus dem neuen Hilfspaket zu entnehmen. Kommt bis zur Fälligkeit aber keine Vereinbarung zustande, muss über einen Brückenkredit in entsprechender Höhe nachgedacht werden.

Schäubles Haus stellt sich bewusst gegen die Aussagen der EU-Kommission

Schäubles Haus stellt sich damit offenbar bewusst gegen Aussagen der EU-Kommission. Kommissionschef Jean-Claude Juncker hatte sich zuvor zuversichtlich gezeigt, rechtzeitig zu einer Vereinbarung zu kommen, obwohl es noch einige schwierige Punkte zu verhandeln gebe.

Eine Sprecherin der Kommission wies die Bedenken aus Deutschland zurück. Die Gespräche würden von der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB), dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und in diesem Fall auch von dem Euro-Rettungsfonds ESM geführt. Die Teams meldeten zufriedenstellende Fortschritte. "Mir ist nicht bewusst, dass irgendjemand sonst vor Ort wäre und daher einen besseren Überblick hätte", betonte die Sprecherin und stellte damit die Möglichkeiten des Finanzministeriums infrage, sich ein genaues Bild der Lage zu verschaffen. Tatsächlich erhält Berlin die gleichen Informationen wie jedes andere Mitglied der Euro-Zone, und zwar von der Kommission.

Griechenland hat indes etwa 186 Millionen Euro fristgerecht an den IWF zurückgezahlt. Die Zinszahlung sei am Donnerstag eingegangen, teilte der Fonds in Washington mit. Im Juli war Griechenland beim Währungsfonds vorübergehend in Zahlungsverzug geraten. Kurz darauf gewährten die EU-Staaten jedoch eine Brückenfinanzierung, während die Regierung in Athen mit ihren Geldgebern Verhandlungen über ein drittes Hilfsprogramm aufnahm.

© SZ vom 07.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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