Griechenland: Nervosität an den Märkten:Angst vor Ansteckung

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Griechenland bekommt viele Milliarden Euro. Doch was passiert, wenn auch die übrigen angeschlagenen Euro-Staaten in die Bredouille kommen?

Simone Boehringer und Alexander Hagelüken

Einen Tag nach der endgültigen Fixierung des Hilfspakets für Griechenland waren die Finanzmärkte angespannt. Zwar sanken die Zitterprämien für griechische Staatsanleihen unter neun Prozent, nachdem sie vergangene Woche bis zu 13 Prozent erreicht hatten.

Unter Investoren ist ungeklärt, ob es zu neuen Attacken gegen andere Euro-Staaten kommt, die ebenfalls hohe Schulden haben. (Foto: Foto: AP)

Die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen aus Portugal, Spanien oder Italien stiegen dagegen zeitweise über das Niveau vom Freitag. Unter Investoren ist ungeklärt, ob es zu neuen Attacken gegen andere Euro-Staaten kommt, die ebenfalls hohe Schulden haben. Dies würde die Anleihekurse nach unten und damit die Renditen nach oben treiben und den Staaten die Finanzierung ihrer Schulden erschweren - der Grund, warum Athen um Hilfe bitten musste.

Die Spekulation gegen Griechenland selbst ebbt deutlich ab. Das am Wochenende geschnürte Hilfspaket der Euro-Staaten und des Weltwährungsfonds von bis zu 110 Milliarden Euro kommt an den Finanzmärkten als Signal an, dass Griechenland nicht fallengelassen wird.

Die Frage ist, ob sich die Spekulanten nun massiv gegen andere angeschlagene Euro-Länder richten. Die Renditen portugiesischer Anleihen beispielsweise waren binnen weniger Tage von gut vier auf über sechs Prozent emporgeschossen, bis sie Ende vergangener Woche wieder fielen. Am Montag rentierten sie mit 5,4 Prozent.

Einen Grund für die Anspannung der Investoren liefert Jörg Zeuner, Chefökonom der Liechtensteiner VP Bank, die unter anderem auf Vermögensverwaltung spezialisiert ist. Er rechnete aus, dass neben Griechenland auch Portugal, Spanien oder Irland es nur schaffen können, ihren Schuldenberg in den nächsten Jahren zu senken, wenn sie außergewöhnliche Sparanstrengungen verfolgen.

Nach seinen Berechnungen würden die Verbindlichkeiten aller genannten Länder steigen, selbst wenn diese in den kommenden Jahren staatliche Ausgaben kürzen. "Die Sparanstrengungen, die nötig sind, um auf das in den EU-Verträgen vorgeschriebene Etatdefizit von maximal drei Prozent zu kommen, würden bei weitem nicht ausreichen, um die Schulden zu senken", erklärt Zeuner. Um die Staatsschulden auf 90 Prozent der Wirtschaftsleistung zu reduzieren, müssten die angeschlagenen Euro-Staaten weit härter sparen, als politisch wahrscheinlich ist.

Selbst das von der EU für Griechenland vorgesehene durchschnittliche Sparziel für die nächsten Jahre erscheint unter diesem Blickwinkel zu niedrig. In Italien oder Spanien sind aber noch gar keine großen Sparpakete geplant.

Zeuner bezieht sich beim Schuldenziel von 90 Prozent auf Erkenntnisse von US-Wissenschaftlern um Kenneth Rogoff, die ausgerechnet haben, dass Schuldenberge jenseits dieser Grenze künftiges Wirtschaftswachstum behindern beziehungsweise das Wachstumspotential sogar senken.

Die HSH Nordbank gibt zu bedenken, dass die Hilfe für Griechenland zwar wirkt, eine ähnliche zweite Aktion für Portugal, Spanien oder Italien Europa aber überfordern würde. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka-Bank, sieht eine deutliche Entlastung durch das Hilfspaket. Allerdings sei das Finanzsystem in Ländern wie Portugal und Spanien wegen der Verwerfungen auf dem Immobilienmarkt fragil. "Wenn in diesem Zusammenhang in den nächsten ein, zwei Jahren negative Nachrichten auftauchen, kann es sein, dass die Nervosität wieder in die Märkte zurückkommt."

Folker Hellmeyer von der Bremer Landesbank sieht keinen Anlass für eine Spekulation gegen Spanien oder Portugal, da diese Länder viel geringere Schulden als Griechenland drückten. "Sollte es zu weiteren Spekulationen kommen, hätte das den Grund, die Währungsunion anzugreifen. Dagegen müsste die Politik aggressiv vorgehen."

Als Motiv für Angriffe auf den Euro macht er aus, dass die USA um den Hegemonialstatus des Dollar kämpften. "Und dieser Status lässt sich am ehesten bewahren, wenn der Euro unter Druck gerät." Der Kölner Vermögensverwalter Markus Zschaber fürchtet kurzfristig eine Ansteckung anderer Euro-Staaten, die ähnlich wie Griechenland darauf angewiesen sind, viel Kapital aus dem Ausland zu bekommen: "Der Euro steht auf jeden Fall vor seiner größten Bewährungsprobe."

© SZ vom 04.05.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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