Griechenland in der Krise:Gepfefferte Ratschläge aus Deutschland

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Ifo-Chef Sinn will Griechenland den Euro wegnehmen, Koalitionspolitiker fordern den Verkauf von Inseln - der Pleitestaat kann sich vor Rat aus Deutschland kaum retten.

Wer die Not hat, braucht für den Ratschlag nicht zu sorgen. Vor allem aus Deutschland erhält Griechenland derzeit viele Tipps zur Bewältigung der Krise. Wohl auch aus der Sorge heraus, dass Deutschland am Ende besonders viel an Griechenland zahlen muss.

Politiker von CDU und FDP forderten die griechische Regierung beispielsweise auf, zur Bewältigung der Schuldenkrise staatliches Eigentum zu verkaufen, darunter auch unbewohnte Inseln. "Ein Bankrotteur muss alles, was er hat, zu Geld machen", sagte der Vorsitzende der CDU-Mittelstandsvereinigung MIT, Josef Schlarmann, der Bild-Zeitung.

"Griechenland besitzt Gebäude, Firmen und unbewohnte Inseln, die für die Schuldentilgung eingesetzt werden können." Das Vertrauen in Griechenland sei schwer beschädigt, sagte der Vorsitzende der Jungen Gruppe der Unionsfraktion, Marco Wanderwitz, dem Blatt.

Wenn die EU und damit auch Deutschland den Griechen Geld geben sollte, müsse Athen dafür gerade im Sinne der jungen Generation auch Sicherheiten geben. "Dabei kommen zum Beispiel auch einige griechische Inseln in Frage", sagte Wanderwitz.

"Hart bleiben"

Der FDP-Finanzexperte Frank Schäffler forderte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou am Freitag bei seinem Besuch in Berlin keine Hoffnungen auf Finanzhilfen zu machen. "Die Kanzlerin darf keinen Rechtsbruch begehen. Sie muss hart bleiben und darf Griechenland keine Hilfen versprechen", sagte er der Bild-Zeitung.

Zugleich mahnte auch Schäffler den Verkauf von Staatseigentum an private Investoren an. "Der griechische Staat muss sich radikal von Beteiligungen an Firmen trennen und auch Grundbesitz, zum Beispiel unbewohnte Inseln, verkaufen", sagte er.

Der Chef des renommierten Münchener Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, glaubt erst gar nicht an eine Lösung der Schuldenkrise Griechenlands in der Eurozone.

"Griechenland wird kaum zu halten sein im Euro", sagte Sinn. Da das Land auf Dauer nicht in der Lage sein werde sein Leistungsbilanzdefizit über die Finanzmärkte zu refinanzieren, "bleibt uns nur die Möglichkeit ihnen das Geld zu schenken. Oder sie werten ab, was in der Eurozone mühsam ist, weil es nur über das Absenken von Preisen und Löhnen geht."

Derartige Schritte könnten jedoch zu sozialen Unruhen führen, fürchtet Sinn. "Das ist das Rezept für Mord und Totschlag." Um ein Auseinanderfallen der sozialen Strukturen Griechenlands zu verhindern, schlägt der für seine provokanten Thesen bekannte Ökonom den Griechen vor, die Eurozone zu verlassen. Dies würde auch den anderen Ländern der Währungsunion, die unter den Folgen von Finanzkrise und Rezession ächzten, helfen.

"Jeder Versuch, Griechenland in der Eurozone zu stabilisieren und zu halten, ist ein Fass ohne Boden. Wenn man Griechenland drin lässt, wird das den Euro destabilisieren."

Erfolg am Anleihemarkt

Sinn mahnte zugleich schnelle Hilfe für das Land an: "Griechenland geht in die Insolvenz dieses Jahr, wenn ihm nicht geholfen wird."

Seiner Ansicht nach ist der Internationale Währungsfonds (IWF) die richtige Adresse für Hilfe. Die Eurozone sei nicht nur rechtlich daran gehindert, sondern habe auch nicht die nötigen Mittel. "Man sollte das dem IWF überlassen", sagte Sinn. Dieser sei mit genügenden Finanzmitteln ausgestattet worden und habe die Pflicht, Ländern wie Griechenland zu helfen.

Überraschend unbesorgt zeigen sich indes die Finanzmärkte: Anleger geben dem Land bereitwillig ihr Geld: Die neue zehnjährige Staatsanleihe, mit der sich Griechenland bis zu fünf Milliarden Euro am Markt besorgen möchte, ist schon kurz nach der Ausschreibung stark überzeichnet.

Griechenland muss bis Mai rund 20 Milliarden Euro Schulden umfinanzieren, 13 Milliarden Euro sind bislang aufgebracht worden, unter anderem über staatliche Schatzanleihen.

Der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), Jürgen Stark, zeigte sich überzeugt vom Erfolg des jetzt verschärften griechischen Sparprogramms: "Die Griechen machen einen großen Schritt, der deutlich über das Gefragte hinausgeht", sagte Stark der Tageszeitung Die Welt.

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