Gesetz zu Internetsperren:SPD-Mitglieder wehren sich

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Am Dienstag hatte die SPD stolz den Kompromiss zum Gesetz gegen Kinderpornographie verkündet. Doch jetzt wehren sich prominente Parteimitglieder gegen die Internetsperren.

Die große Koalition will heute die Web-Sperren im Kampf gegen Kinderpornographie beschließen. SPD und Union verständigten sich dazu am Dienstag auf ein Spezialgesetz, das zunächst auf drei Jahre befristet wird. Doch jetzt regt sich innerhalb der SPD Widerstand gegen die Pläne. Der gescheiterte SPD-Kandidat für das Amt des hessischen Ministerpräsidenten, Torsten Schäfer-Gümbel, protestiert in einem offenen Brief gegen die Pläne seiner Partei.

Ebnet das neue Gesetz den Weg zur Zensur? (Foto: Foto: dpa)

Er hält das sogenannte Zugangserschwerungsgesetz nicht für verabschiedungsfähig: "Sowohl die strafrechtlichen Wirkungen für den Vorrang der Löschung kinderpornographischer Inhalte sind unbestimmt, die Strukturen sind auf eine wirkliche und systematische Löschung nicht ausgelegt. Das muss aber unser Ziel bleiben! Ähnlich unbestimmt ist die Kontrolle des BKA durch das Gesetz", schreibt er an die Bundestagsfraktion.

Mit seinem Brief schließt sich Schäfer-Gümbel dem Online-Beirat der SPD an. Dieses Gremium hatte den Befürwortern des neuen Gesetz vorgeworfen, einen Zensurmechanismus zu installieren und nicht zu berücksichtigen, dass Kinderpornographie im Internet fast ausschließlich in geschlossenen Nutzergruppen stattfinde.

Das Gesetz sieht vor, dass ein fünfköpfiges Expertengremium beim Bundesdatenschutzbeauftragten die Sperrlisten des Bundeskriminalamts (BKA) überwacht. Mindestens drei Mitglieder müssen die Befähigung zum Richteramt haben. Wenn Zweifel auftauchen, entscheidet dieses Gremium, ob bestimmte Seiten aus der BKA-Liste gestrichen werden müssen.

Internetsurfer, die vor den Stoppschildern für Kinderporno-Seiten landen, sollen auch keine Strafverfolgung fürchten müssen. Nach dem Prinzip "Löschen vor Sperren" muss das BKA zunächst auch versuchen, über die Internet-Anbieter die Kinderporno-Seiten zu löschen. Erst danach greift die Sperre. Ursprünglich sollten die Internetsperren Teil des Telemediengesetzes sein.

Das nun geplante Spezialgesetz bleibt im Zuständigkeitsbereich des Wirtschaftsministeriums. Wenn es nach drei Jahren ausläuft, muss innerhalb eines weiteren Jahres entschieden werden, ob es geändert wird oder ganz wegfällt - etwa zugunsten von neuen internationalen Bestimmungen zur Bekämpfung der Kinderpornographie.

"Zynismus der Gegner"

Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) wirft den Kritikern des Gesetzes Zynismus vor. "Es ist zynisch, in diesem Zusammenhang von Zensur zu sprechen", sagte sie am Donnerstag vor der Verabschiedung des Gesetzes durch den Bundestag. Das Gesetz habe ganz klar einen präventiven Charakter. Daten würden automatisch gelöscht.

Das Stoppschild, das künftig auf einer Website erscheinen soll, welche kinderpornographisches Material enthält, sende "ein ganz klares gesellschaftliches Signal", sagte von der Leyen. Die Würde eines Kindes müsse im Netz genauso verteidigt werden wie in der Gesellschaft. "Das Recht muss online genauso durchgesetzt werden wie offline."

© sueddeutsche.de/dpa/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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