Geplanter Börsengang:Facebook eröffnet die Rekordjagd

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38 Dollar je Aktie, anvisierte Einnahmen von 16 Milliarden Dollar: Facebook stemmt den bislang größten Börsengang eines Internet-Unternehmens. Insgesamt will die von Mark Zuckerberg gegründete Firma an diesem Freitag etwa 421 Millionen Anteilscheine ausgeben - und wäre dann mehr als 100 Milliarden Dollar wert.

Varinia Bernau

Es ist nicht alles rund gelaufen für Mark Zuckerberg in den vergangenen Tagen: Kurz bevor er den Börsengang wagt, hatte der Gründer des sozialen Netzwerks Facebook die Investoren verstimmt. Weil er seine Charmeoffensive im Kapuzenpulli und mit reichlich Verspätung antrat. Und weil er eingestehen musste, dass er sich schwer tut, die rasant steigenden Zugriffe auf seine Plattform in Gewinne umzumünzen. Mitte dieser Woche hatte sich dann mit dem Autokonzern General Motors auch noch ein bedeutender Werbekunde von Facebook verabschiedet. Doch die Charmeoffensive des Mark Zuckerberg wirkt.

Der Ansturm auf die Aktien, die an diesem Freitag erstmals an der US-Technologiebörse Nasdaq gehandelt werden sollen, ist so groß, dass ein Viertel mehr davon ausgegeben werden soll als ursprünglich geplant: 421 Millionen Stück. Zuckerberg gelang es, die Papiere zum anvisierten Höchstpreis von 38 Dollar je Anteilschein zu platzieren, wie das Unternehmen am späten Donnerstagabend mitteilte. Damit kann Facebook etwa 16 Milliarden Dollar einsammeln. An der Wall Street gelang dies bislang nur zwei Unternehmen: General Motors holte im November 2010 etwa 23 Milliarden, der Kreditkartenanbieter Visa zwei Jahre zuvor 19,7 Milliarden Dollar. Der Internetkonzern Google sammelte gerade einmal zwei Milliarden Dollar ein, als er vor acht Jahren den Schritt aufs Börsenparkett wagte.

Nur wenige Tage nach seinem 28. Geburtstag wird Zuckerberg, der das Netzwerk einst in seiner Studentenbude ausheckte, zu einem reichen Mann. Ein Großteil des Geldes, das er einstreichen dürfte, wenn er 30 Millionen seiner Anteilscheine abtritt, wird zwar für Steuerzahlungen fällig. Aber Zuckerberg hält weiterhin knapp 504 Millionen Papiere, was im besten Falle einem Wert von gut 19,1 Milliarden Dollar entspräche. Mit jeder Kursveränderung wird er noch reicher - oder ärmer. Vor allem wird er nach dem Börsengang der Mächtigste im Unternehmen bleiben. Er hält die Mehrheit der Stimmrechte.

Seit er vor sieben Jahren für seine Idee das erste Geld bei Risikokapitalgebern einsammelte, hat Zuckerberg genau darauf geachtet, dass er nie die Kontrolle verliert. Gemeinsam mit Investoren drängte er den Mitgründer Eduardo Saverin aus der Firma. Der zog vor Gericht und musste sich mit einem Anteil von fünf Prozent zufrieden geben. Millionenschwere Offerten von AOL, Google und Yahoo schlug Zuckerberg aus. Im November 2009 führte er B-Aktien ein, die zehn Mal so viel Gewicht haben wie A-Aktien. Zuckerberg hält besonders viele B-Aktien und hat Vereinbarungen mit anderen B-Aktionären getroffen. Damit hält er 55,8 Prozent der Stimmrechte. Er bestimmt weiter, welche Firmen übernommen werden und wie sich das Management zusammensetzt.

Für Autokratie hält dies der weltweit einflussreiche Aktionärsberater Institutional Shareholder Services (ISS) und hat deshalb bereits vor Wochen gewarnt, dass der geringe Einfluss in keinem Verhältnis zu dem wirtschaftlichen Risiko stehe, dass Anleger beim Kauf von Facebook-Aktien eingehen. Doch in der Technologiebranche ist es keine Seltenheit, dass die Unternehmensgründer auch bei einem Börsengang nicht mehr Kontrolle als unbedingt nötig abgeben: Mark Pincus hält mehr als 36 Prozent der Stimmrechte an Zynga, jenem Spieleentwickler, den er 2007 gegründet und im vergangenen Dezember an die Börse gebracht hat. Sergej Brin und Larry Page halten gemeinsam 56,7 Prozent der Stimmrechte an ihrem Internetkonzern Google. Doch so viel Macht wie Mark Zuckerberg hat niemand.

Es sind die frühen Geldgeber, die nun beim Börsengang von Facebook abkassieren und an Einfluss verlieren. Die Investmentfirma Accel mit ihrem Partner James Breyer tritt 49 Millionen Aktien ab - ein Drittel mehr als ursprünglich geplant. Die Investmentbank Goldman Sachs hat ihr Angebot auf 28,7 Millionen Aktien verdoppelt. Beide hielten bislang vor allem die weniger gewichtigen A-Aktien. Unter den einflussreicheren B-Aktionären, die nun mehr anbieten, als sie ursprünglich wollten, ist der russische Internet-Investor Jurij Milner mit seiner Firma DST: Er hebt sein Angebot um fast drei Viertel - auf 45,7 Millionen Aktien. Sie machen Kasse.

"Wenn die Nachfrage nicht da wäre, hätten sie das Angebot an Aktien nicht aufgestockt", sagt der Analyst Walter Todd. "Aber wenn man sieht, wie Insider ihre Papiere abstoßen, fragt man sich zwangsläufig: Warum?" Vielleicht, so mutmaßt er, fehle ihnen der Glaube daran, dass Facebook auch auf lange Sicht eine Erfolgsgeschichte ist und das Wachstum, besser noch die Gewinne, weiter in die Höhe treiben kann.

© SZ vom 18.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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