Generatoren für "guten Lärm":Wider den tropfenden Wasserhahn

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Die ständige Geräuschkulisse. White Noise soll dagegen helfen. (Foto: Patrick Pleul/dpa)
  • "White noise" sind Geräusche, die andere störende Geräusche verdrängen sollen.
  • Viele Nutzer berichten, dass das "weiße Rauschen" ihnen beim Einschlafen helfe.
  • Für das Smartphone gibt es zahlreiche White-Noise-Generatoren.

Von Franziska Schwarz

Leise Städte? Ein Widerspruch

Für die einen ist es der Betonmischer vor dem Haus. Für andere die Free-Jazz-Platte des Nachbarn. Und für manche der tropfende Wasserhahn in der eigenen Wohnung. Bestimmte Geräusche stören. Doch man sitzt eben dicht aufeinander, nichts zu machen. Besonders gut wissen das Großstädter. Sie greifen gerne zu sogenannten "White-Noise-Generatoren". Die produzieren zur Abwechslung wohltuende Geräusche, die die Konzentration fördern und beim Einschlafen helfen sollen. Selbst wenn um einen herum alles brummt und piept.

Methode aus der Elektrotechnik

White Noise ist ein Rauschen aus Frequenzen, die alle die gleiche Lautstärke haben. Ingenieure greifen beispielsweise bei der Entwicklung von Audio-Equipment darauf zurück. Das gleichmäßige Brummen hat auch einen psychologischen Effekt. Umgebungsgeräusche werden als weniger laut und störend empfunden, weil das weiße Rauschen sie überlagern kann. Das hilft Menschen, die an einem Tinnitus leiden, oder Studenten, die sich auf ihre Abschlussarbeit konzentrieren wollen.

Blechnapf vom Hund wird zur Einschlafhilfe

Geräusche mit Geräuschen verdrängen - dieses Prinzip kannte man beim US-Unternehmen Marpac schon vor einem halben Jahrhundert. So behauptet es jedenfalls die Firmenlegende. Der Gründer Jim Buckwalter konnte nicht einschlafen. Er schnappte sich den blechernen Napf seinens Hundes und montierte darin einen kleinen motorisierten Ventilator. Das Ganze dämpfte er mit Schaumstoff und Holz. Das Geräusch vom rotierenden Flügelrad in diesem Napf beruhigte Buckwalter ungemein. Kurz darauf, 1962, kam der White-Noise-Generator von Marpac auf den Markt: das gleiche Prinzip, die gleiche Napfform, nur eben aus Plastik. Aktuell kosten die Geräte etwa 50 US-Dollar. White Noise kann man aber auch kostenlos auf dem Smartphone testen, für alle Betriebssysteme gibt es entsprechende Apps.

Basis-Rauschen aus dem Handy

Der White-Noise-Generator von Hipxel ist so etwas wie die Marpac-Einschlafhilfe in digital: Es gibt nur einen Ein-Aus-Knopf und einen Lautstärke-Regler. Die erste Viertelstunde passiert nicht viel - und dann denkt man wieder an die wichtigen Dinge. Das Konzentrieren fällt leichter. Obwohl das Brummen präsenter als die Haupstraße unten ist, ist es nicht störend.

White noise in farbig

Die White-Noise-App von Tmsoft bietet auch rosa und rotes Rauschen an. Nutzer berichten von einer ähnlichen Wirkung wie bei White Noise.

Handgemachte Geräuschkulisse

Das Geräusche-gegen-Geräusche-Prinzip lässt sich weiter verfeinern. Relax Melodies von Ipnos bietet 52 Sounds an, unter anderem gleichmäßige Regen- und Urwaldklänge, aus denen sich der Nutzer seine ganz persönliche Einschlafhilfe mischen soll.

Warum es funktioniert

Zur Wirkung von White Noise gibt es verschiedene Erklärungsansätze. Einer lautet, dass die Ohren umso unempfindlicher werden, je lauter die Umgebung ist. Deshalb fällt ein tropfender Wasserhahn tags nicht auf; nachts wird er zum Ärgernis. White Noise hebt diese Hörschwelle wieder an. Andere gehen davon aus, dass unser Gehirn ständig nach Reizen sucht. Weißes Rauschen beschäftigt das Gehirn, ohne es zu überreizen. Dafür ist es schlicht zu eintönig.

Was die Apps nicht können

Einschlafhilfen-Hersteller werben damit, dass sie Ehen retten können. Weil einer immer schnarcht. Es kann aber auch anders laufen. Eine Nutzerin berichtete, dass sie nachts den "Regen" aufgedreht hätte, worauf ihr Mann aufwachte und sie anfuhr, weil ihm der Sound Albträume bereitete.

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