General Motors: Weiter mit Opel:Kanzlerin hat in Detroit nichts zu sagen

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In der Hängepartie um Opel hat sich die Bundesregierung vom Mutterkonzern General Motors düpieren lassen. Berlin bleibt nur, auf eine schnelle Entscheidung zu drängen.

Für einen ist die Sache definitiv gelaufen: für den italienischen Autobauer Fiat. Er hat sich endgültig aus dem zunehmend absurden Bieterrennen um Opel verabschiedet. "Der Grund dafür ist, dass General Motors seine deutsche Tochtergesellschaft Opel gar nicht mehr verkaufen will", sagte eine Person aus dem Umfeld von Fiat der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Samstag).

Kurz vor der Verwaltungsratssitzung von General Motors (GM) in der nächsten Woche wird immer klarer, dass die Farce um Opel eine neue Wendung nimmt. Der Konzern aus Detroit, der mittlerweile dem US-Staat gehört, will die deutsche Tochter am liebsten behalten - und keinesfalls, wie geplant, an ein Konsortium rund um den Autozulieferer Magna verkaufen.

Je klarer das wird, umso stärker pressiert es allen. Fast ein Jahr zieht sich die Groteske um den Autohersteller Opel schon hin - und jetzt fordern Regierung, Gewerkschaften und auch der GM-Europa-Chef Carl-Peter Forster eine möglichst schnelle Entscheidung. Es ist das letzte Mutjaulen vor der Entscheidung in Detroit.

Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) rief den Verwaltungsrat der bisherigen Opel-Mutter GM am Freitag auf, in seiner Sitzung in der kommenden Woche wirklich eine Grundsatzentscheidung zu treffen. Er hatte einst für eine Insolvenz bei Opel plädiert, und nicht für massive staatliche Hilfen - in der Hoffnung, dass der regierungsamtliche deutsche Wunschpartner Magna zum Zug kommt. Hierfür aber traten die wahlkämpfende Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr Vize Frank-Walter Steinmeier (SPD) ein.

Die IG Metall forderte GM wegen "der unklaren Verhältnisse"auf, die bislang zurückgehaltenen Tariferhöhungen auszuzahlen. Auch GM- Europa-Chef Carl-Peter Forster will die Hängepartie rasch beendet wissen. Dem Handelsblatt sagte der Opel-Aufsichtsratsvorsitzende: "Wir tun momentan alles, um den Kollegen in den USA näher zu bringen, dass auch GM geholfen wäre, wenn noch in diesem Monat eine Entscheidung fällt." Der Mann redet sich womöglich um seinen Job.

"Hausaufgaben gemacht"

Minister Guttenberg (CSU) nahm in der ARD noch einmal Verteidigungshaltung ein : "Wir sind in den Verhandlungen. Wir haben als Bundesregierung unsere Hausaufgaben gemacht." Unterschriftsreife Verträge lägen vor, jetzt müsse GM einlenken. "Wir verhandeln in Richtung einer Investorenlösung, die auch über den Tag hinaus trägt."

Damit sprach sich der Minister gegen Pläne aus Detroit aus, Opel möglicherweise unter dem Dach von GM zu behalten und ohne Hilfe eines Investors zu sanieren. In diesem Fall müsste GM aber auch die deutsche Brückenfinanzierung von 1,5 Milliarden Euro zurückzahlen.

Guttenberg hatte betont, dass es Steuergeld nur für den Zulieferer Magna geben werde. Bund, Länder und Opel-Betriebsrat haben sich für einen Einstieg des Konsortiums um Magna ausgesprochen. Auch Forster bevorzugt diese Variante. Der österreichisch-kanadische Zulieferer will den deutschen früheren Opel-Chef an die Spitze von "NewOpel" setzen.

GM tendiert hingegen zum Finanzinvestor RHJI, schließt aber auch einen Verzicht auf einen Opel-Verkauf nicht mehr aus. Entsprechende Überlegungen von General Motors hatten zuletzt offenbar immer mehr Gestalt angenommen. Doch was zählen die Worte des deutschen Jung-Ministers, der zum Start seiner Berliner Karriere gleich fotowirksam in die USA gereist war? Das gewöhnlich in solchen Sachen gut informierte Wall Street Journal hat bereits berichtet, GM wolle Opel nun doch nicht verkaufen, sondern sogar mehr als eine Milliarde Dollar in das Unternehmen investieren. Die GM-Europazentrale hatte sich zu dem Bericht nicht äußern wollen.

Drohungen der IG Metall

Da bleibt der IG Metall nur, schon einmal vorsorglich zu drohen: Sie will einen Verbleib Opels unter dem Dach des US- Autokonzerns mit Millionenforderungen an GM verhindern.

"Es gibt aus unserer Sicht keine Perspektive für eine Rettung von Opel, wenn die Entscheidungen weiterhin in Detroit und von Leuten getroffen werden, die für die größte Autopleite aller Zeiten verantwortlich sind", sagte der Frankfurter IG-Metall-Bezirksleiter und Opel-Aufsichtsrat Armin Schild der Berliner Zeitung.

Schild warf dem GM-Management vor, die Verkaufs-Entscheidung seit Monaten hinauszögern. Die Opel-Belegschaft sei nicht mehr zu finanziellen Zugeständnissen bereit. "Wir haben GM aufgefordert, die festgehaltenen Tariferhöhungen auszuzahlen. Wir wollen das Geld jetzt sehen", sagte Schild.

Wenn GM sich tatsächlich gegen einen Verkauf entscheide und damit einen Vertragsbruch begehe, würden die Arbeitnehmer auch die geforderten Beiträge nicht erbringen. Allein bei den nicht ausgezahlten Urlaubsgeldern handele es sich um 40 bis 50 Millionen Euro. Hinzu kämen mehr als 300 Millionen Euro an festgehaltenen Tariferhöhungen. Zudem sei die Belegschaft nicht mehr bereit, den im Falle einer Übernahme von Magna geplanten Sanierungsbeitrag von 1,2 Milliarden Euro zu leisten.

Forster sagte der FAZ, der staatliche Überbrückungskredit reiche bis Januar. Bislang sei rund die Hälfte verbraucht. Das Geld sei unter anderem in die Vorbereitungen zur Produktion des neuen Kompaktmodells Astra investiert worden. Das Auto solle im englischen Ellesmere Port und im polnischen Gliwice gefertigt werden. Ob auch Bochum oder Rüsselsheim bedacht werden, stehe noch nicht fest.

Das wird, aller Voraussicht nach, weiter in Detroit entschieden.

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