GM und Opel:"Milchmädchenrechnung" in Detroit

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GM spielt den Extremfall durch: Wieviel muss in Opel investiert werden, falls ein Verkauf nicht mehr zur Diskussion steht? Die Mitarbeiter sind entsetzt.

180-Grad-Drehung in Detroit? Die Überlegungen von General Motors (GM), Opel zu behalten, nehmen offenbar Gestalt an. Politiker und Arbeitnehmervertreter sind entsetzt. Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz drohte in Rüsselsheim damit, die für eine Sanierung notwendigen Lohnzugeständnisse der Belegschaft zu blockieren. Politiker von CDU und FDP forderten eine Rückzahlung der staatlichen Brückenfinanzierung in Höhe von 1,5 Milliarden Euro.

"Wir sind bereit, Arbeitnehmerbeiträge zu leisten, aber nicht, wenn wir zu 100 Prozent zurück an GM gehen", sagte Franz.

Arbeitsminister pocht auf Investorenlösung

Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) forderte eine Investorenlösung für Opel und sprach sich für den kanadischen Zulieferer Magna als künftigen Eigner aus.

Scholz und der Gesamtbetriebsrat nahmen damit Bezug auf einen Bericht des Wall Street Journal (WSJ). Darin hatte es geheißen, GM wolle Opel nun doch nicht verkaufen, sondern mehr als eine Milliarde Dollar in das Unternehmen investieren. Die GM-Europazentrale wollte sich zum WSJ-Bericht nicht äußern.

Franz sprach von einer "Milchmädchenrechnung, die Verwirrung stiften soll". Und: Es ist nicht getan mit 1,5 oder zwei Milliarden. Um die Brückenfinanzierung auszulösen müsste GM zwei Milliarden US-Dollar aufbringen, dann wäre noch kein einziger Cent in neue Produkte und die Restrukturierung investiert bei 25 bis 30 Prozent Überkapazitäten." Um Opel zukunftsfähig aufzustellen, seien in den kommenden Jahren Investitionen von rund sechs Milliarden Euro notwendig.

Der Betriebsrat hatte in einer Vereinbarung mit der Opel-Führung zunächst auf die in diesem Jahr fällige Tariferhöhung von 1,2 Prozent sowie auf das Urlaubsgeld verzichtet. So sollte das angeschlagene Unternehmen vorerst gestützt werden. Die Vereinbarung zum Urlaubsgeld wurde vom Betriebsrat inzwischen gekündigt, um Druck auf GM auszuüben.

Der Bundesarbeitsminister sagte, niemand solle vergessen, dass die Bundesregierung einen Beitrag geleistet habe, um Opel zu retten. Daher erwarte der Bund nun auch, dass die deutsche Meinung gehört werde.

Scholz mahnte die Führung von General Motors zu einer baldigen Weichenstellung zur Zukunft von Opel: "Wir wollen eine Entscheidung. Wir wollen sie jetzt schnell."

GM am längeren Hebel

Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht im Streit um Opel den US-Konzern GM am längeren Hebel. Dudenhöffer geht davon aus, dass GM inzwischen eine Insolvenz von Opel sowie die Schließung der Werke in Antwerpen, Bochum, Eisenach und möglicherweise Kaiserslautern plant: "GM spart sich bei Werksschließungen während der Insolvenz die hohen Sozialkosten beziehungsweise wälzt sie auf die Bundesrepublik ab." Einschließlich der staatlichen Brückenfinanzierung von 1,5 Milliarden Euro erhalte der US-Konzern damit direkt und indirekt eine staatliche Unterstützung von gut vier Milliarden Euro.

© sueddeutsche.de/AP/Reuters/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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