Gebühren :Alles Verhandlungssache

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Der amerikanische Anwalt Michael Hausfeld will offenbar Geld von deutschen Banken zurückholen, die zu viel fürs Zahlen mit EC-Karte verlangt haben sollen.

Von S. Radomsky, J. Schmidbauer, München

Wenn der Name von Michael D. Hausfeld in Unternehmen fällt, bedeutet das oft nichts Gutes für sie. Der amerikanische Anwalt ist bekannt und gefürchtet für seine milliardenschweren Schadenersatzklagen: Er vertrat ehemalige NS-Zwangsarbeiter und die Opfer der Ölpest nach der Havarie des Tankers Exxon Valdez, er stritt mit Texaco wegen Diskriminierung schwarzer Mitarbeiter und mit der Tabakindustrie wegen irreführender Werbung. Und neuerdings steht offenbar wieder Deutschland im Fokus des 72-jährigen gebürtigen New Yorkers.

Nachdem die Berliner Niederlassung von Hausfelds Kanzlei vergangene Woche im VW-Abgas-Skandal eine Musterklage vorgelegt hatte, mit der sich die Kunden Milliarden von den Wolfsburgern zurückholen sollen, sind jetzt offenbar deutsche Banken wegen angeblicher verbotener Kartellabsprachen an der Reihe. Und wie bereits in der Vergangenheit verfährt Hausfeld dabei möglichst öffentlich, diesmal mit einem Bericht in der Bild am Sonntag.

Hausfeld und seine Leute bereiten demnach umfangreiche und potenziell teure Schadenersatzklagen gegen mehrere Finanzinstitute vor. Jahrelang haben sie bei Zahlungen mit der EC-Karte von den Händlern eine einheitliche Gebühr von 0,3 Prozent des jeweiligen Umsatzes verlangt - insgesamt etwa 300 Millionen Euro im Jahr. Das Bundeskartellamt sah darin 2013 allerdings eine Wettbewerbsbeschränkung; 2014 verpflichteten sich die Banken dann, die Gebühren frei mit den Einzelhändlern zu verhandeln. Dadurch seien die Preise um bis zu 40 Prozent gefallen, ergab eine Untersuchung der Behörde.

Die in den Jahren zuvor entstandenen Mehrkosten will Hausfelds Kanzlei nun offenbar für mehrere Mandanten zehn Jahre rückwirkend einfordern. Sparkassen, Volksbanken und mehrere private Geldhäuser wie die Deutsche Bank sollen betroffen sein, heißt es in dem Bericht. Ein Vertreter der Kanzlei in Deutschland habe bestätigt, dass entsprechende Klagen vorbereitet würden. In wessen Auftrag ließ er allerdings offen, die Kanzlei vertrete "etliche namhafte Mandanten", sagte er lediglich. Unter ihnen sollen sich große Mineralölkonzerne sowie bekannte Handelsunternehmen befinden. Die Klagen sollten demnächst beim Landgericht Frankfurt eingereicht werden.

Es könnte teuer werden: Den Banken drohen neue Prozesse. (Foto: Imago)

Die Institute geben sich angesichts der öffentlichen Klageankündigung erst einmal gelassen. Schon seit Jahren würden individuelle Entgelte mit dem Handel vereinbart, teilte der Verband der Volks- und Raiffeisenbanken als federführender Vertreter der Branche am Sonntag mit. Die früher einheitliche Gebühr sei auf Basis einer damals geltenden gesetzlichen Freistellung verlangt worden und mit den Behörden abgestimmt gewesen. "Ein Kartellrechtsverstoß lag zu keinem Zeitpunkt vor und ist auch vom Bundeskartellamt nicht festgestellt worden", hieß es. Ein Sprecher des Verbands der deutschen Kreditwirtschaft mutmaßte zudem, Hausfelds Kanzlei versuche "einzelne deutsche Handelsunternehmen in Klageverfahren gegen die Kreditwirtschaft hineinzutreiben".

Mit der öffentlichen Ankündigung könnte Hausfeld dennoch versuchen, Druck auf die Banken aufzubauen. Die Branche hat nach etlichen verbraucherfreundlichen Urteilen, etwa bei Kreditbearbeitungsgebühren und Vorfälligkeitsentschädigungen, ohnehin zu kämpfen.

International wäre es nicht das erste Mal, dass Unternehmen aus der Finanzbranche wegen überhöhter Gebühren verklagt werden. Im September handelte sich beispielsweise der Kreditkartenkonzern Mastercard die größte Schadenersatzklage in der britischen Geschichte ein: Die Kläger verlangen umgerechnet etwa 16,3 Milliarden Euro von dem US-Konzern, weil er zu hohe Entgelte gefordert haben soll. Der Klage war ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahr 2014 vorausgegangen, demzufolge Mastercard zwischen 1992 und 2008 im internationalen Zahlungsverkehr zu hohe Gebühren verlangt hatte.S. Radomsky, J. Schmidbauer

© SZ vom 09.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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