Gastronomie und Rauchverbot:Das Märchen von der Pleitewelle

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Das Rauchverbot - ein Todesurteil für Bars und Kneipen? Von wegen! Eine Studie zeigt, dass der Umsatz der Lokale nur minimal gesunken ist.

Roland Preuß

Die Rauchverbote in Kneipen, Restaurants und Diskotheken haben sich deutlich geringer auf das Geschäft ausgewirkt als viele Gastronomen befürchtet hatten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen.

Die Rauchverbote in Kneipen, Restaurants und Diskotheken haben sich geringer auf die Geschäfte ausgewirkt als erwartet. (Foto: Foto: AP)

Demnach führten die von August 2007 bis Juli 2008 in allen Bundesländern eingeführten Rauchverbote im Durchschnitt zu zwei Prozent weniger Umsatz. In Bayern und Nordrhein-Westfalen, wo die Regeln oft durch sogenannte Raucherclubs umgangen wurden, sei gar kein Erlösrückgang nachweisbar, schreiben die Autoren der Studie. Auch die von vielen befürchtete Pleitewelle von Bars und Clubs ist demnach ausgeblieben. Lediglich kurz nach Einführung der Rauchverbote sei es zu deutlichen Umsatzeinbußen gekommen, später hätten sich die Gäste jedoch kaum durch die Verbote abschrecken lassen.

Branchenvertreter hatten bei Einführung der Verbote dagegen vor Umsatzeinbrüchen und dem Ende vieler Lokale gewarnt. Der Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Ernst Fischer, hatte 2008 von einem Umsatzverlust von "durchschnittlich 30 Prozent" gesprochen und gewarnt: "Tausende Kneipenwirte fürchten um ihre Existenz." Der Verband hatte deshalb eine Verfassungsklage von Gaststättenbetreibern unterstützt.

Das Urteil führte zu einer Lockerung der Verbote in Baden-Württemberg und Berlin, Rauchverbote erklärte Karlsruhe aber grundsätzlich für zulässig. Laut RWI-Studie zeigt eine Umfrage des Instituts und der IHK Nürnberg und Essen unter 600 Gaststättenbetreibern, dass die Wirkung der Rauchverbote "systematisch überschätzt" worden sei. Besonders Bars und Kneipen hätten mit weniger Gästen gerechnet.

Weniger Zigaretten aus Automaten

Für die Untersuchung haben die RWI-Forscher die monatlichen Umsatzdaten von etwa 10.000 Gaststätten in der Zeit von Januar 2006 bis September 2008 sowie die Gewerbeabmeldungen in der Branche ausgewertet. Eine Erhebung des Statistischen Bundesamtes vom Juni 2008 hatte noch stärkere Auswirkungen der Rauchverbote ergeben.

Demnach gingen die Umsätze in Kneipen, Bars und Diskotheken Ende 2007 in Bundesländern mit Rauchverboten um fünf Prozentpunkte stärker zurück als in den übrigen Ländern. Angesichts der jetzt ermittelten zwei Prozent verteidigte der Co-Autor der Studie, Harald Tauchmann, die Rauchverbote. Im Vergleich zu den gesundheitlichen Nachteilen des Passivrauchens sei ein Umsatzrückgang in dieser Größenordnung zu verkraften, sagte er.

Zahlreiche Studien haben die Schädlichkeit von Tabakrauch belegt. Im vergangenen September kam eine amerikanische Auswertung von 13 Studien zum Ergebnis, dass in Gemeinden mit Rauchverboten die Herzinfarktrate bereits nach einem Jahr um 17 Prozent niedriger liegt als in Kommunen, wo rauchen erlaubt ist. Einer Mitte April vorgestellten amerikanisch-kanadischen Studie zufolge fördert Zigarettenrauch zudem chronische Entzündungen der Atemwege.

In einer weiteren Untersuchung zum Thema Rauchen kam das RWI zum Ergebnis, dass deutlich weniger Zigaretten aus Automaten gekauft werden. Dies habe eine Analyse der Umsatzdaten eines führenden Automatenaufstellers in Deutschland ergeben. Dies sei vor allem darauf zurückzuführen, dass Käufer am Automaten seit Januar 2007 ihr Alter nachweisen müssen, etwa durch die Nutzung einer EC-Karte.

© SZ vom 29.04.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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