Für Aufträge aus Nigeria:Schmiergeld-Zahlungen gestanden

Lesezeit: 2 min

Im Rahmen der Ermittlungen gestand ein ehemaliger Siemens-Angestellter Bestechung nigerianischer Behörden. Auch der Präsident Abacha kassierte.

Markus Balser, Klaus Ott und Nicolas Richter

In der Schwarzgeld-Affäre bei Siemens hat einer der Beschuldigten nach Informationen der Süddeutschen Zeitung Schmiergeldzahlungen zugegeben. Demnach sagte ein langjähriger Angestellter bei der Staatsanwaltschaft aus, Siemens habe den früheren Präsidenten von Nigeria, Sani Abacha, bestochen.

Der frühere Siemens-Beschäftigte habe ausgesagt, in Afrika und anderen Teilen der Welt sei es oftmals nur mit Sonderzahlungen möglich, Aufträge zu bekommen, erfuhr die SZ. Bei diesem Beschuldigten handelt es sich um einen der sechs früheren oder aktiven Mitarbeiter, die in Untersuchungshaft sitzen.

Der ehemalige Angestellte hatte nach bisherigen Erkenntnissen der Ermittler hohe Beträge aus dem Konzern in schwarze Kassen geleitet und anschließend an Konzern-Manager weitergereicht.

Schmiergeld nach Nigeria

Diese verfügten schließlich über Millionensummen, die nicht in den Siemens-Büchern auftauchten. Der langjährige Angestellte gilt bei den Ermittlern als Mittelsmann bei diesen Transaktionen. Er soll ausgesagt haben, dass aus schwarzen Kassen in Österreich Schmiergeld nach Nigeria geflossen sei.

Anfang des Jahrzehnts habe aber die Gefahr bestanden, dass die geheimen Konten in Österreich von Staatsanwälten aus der Schweiz entdeckt werden könnten. Die Staatsanwaltschaft in Genf habe damals wegen hoher Schmiergeldzahlungen an den früheren Präsidenten von Nigeria, Abacha, ermittelt. Ein Teil dieses Schmiergeldes habe von Siemens gestammt.

Schweizer Staatsanwälte und die Eidgenössische Bankenkommission hatten Ende der neunziger Jahre einen harten Kurs im Kampf gegen Geldwäsche eingeschlagen. Neue Gesetze zwangen die Banken, verdächtige Konten offenzulegen, dabei wurde auch offenbar, in welchem Ausmaß der 1998 verstorbene Abacha Geld auf Schweizer Privatkonten umgeleitet hatte.

Ende 1999 und Anfang 2000 wurden insgesamt fast 700 Millionen Dollar auf diesen Konten gesperrt. Der hartnäckigste Schweizer Strafverfolger im Fall Abacha war der damalige Genfer Generalstaatsanwalt Bernard Bertossa. Er hatte den Kampf gegen Geldwäsche und Korruption zum Hauptziel seiner Amtsführung gemacht.

Seine Entschlossenheit und seine öffentlichen Aufforderungen an die Ermittler der europäischen Nachbarstaaten, härter gegen Korruption zu kämpfen, haben offenkundig auch die Verwalter der schwarzen Kassen bei Siemens aufgeschreckt.

Der langjährige Siemens-Mitarbeiter nannte der Staatsanwaltschaft in München auch Zahlen zu den schwarzen Kassen in Österreich. Allein über Konten in Salzburg seien 75 bis 100 Millionen Euro pro Jahr geflossen, und das über einen längeren Zeitraum in den neunziger Jahren.

Beunruhigt durch die Ermittlungen der Staatsanwälte in Genf habe man dann die Konten in Österreich nicht weiter betrieben, sondern ein neues System installiert. Über Scheinrechnungen und Tarnfirmen sind nach den bisherigen Erkenntnissen der Ermittler anschließend Millionenbeträge in die Schweiz verschoben worden.

Kleinfeld wusste seit Januar Bescheid

Erstmals seit Bekanntwerden der Finanzaffäre äußerte sich der Konzern am Donnerstag zur Rolle von Vorstandschef Klaus Kleinfeld. "Der Vorstandsvorsitzende wurde erstmals Mitte Januar 2006 über den Fall in der Schweiz informiert", sagte ein Konzernsprecher.

Vorher seien ihm, Kleinfeld, die Vorgänge nicht bekannt gewesen. Fahnder hatten in der Schweiz im vergangenen Jahr schwarze Kassen von Siemens entdeckt, über die, so der Verdacht, Schmiergelder geflossen sein sollen.

Kleinfeld kündigte an, die interne Überwachung zu verschärfen. Der Konzern werde verdächtige Beschäftigte schnell freistellen. Mitarbeiter, bei denen sich der Verdacht auf ein ungesetzliches Verhalten erhärtet, sollten sofort suspendiert werden.

Zu den bisherigen Ermittlungsergebnissen wollte sich Siemens unter Hinweis auf die laufenden Untersuchungen der Staatsanwaltschaft weiterhin nicht äußern. Auch Fragen zu den Zahlungen nach Nigeria blieben unbeantwortet.

© SZ vom 24.11.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: