Frist für private Gläubiger läuft ab:Quote für Schuldenschnitt in Gefahr

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Die Zeit wird knapp: Bis Donnerstag um neun Uhr abends können Griechenlands private Gläubiger dem geplanten Schuldenschnitt zustimmen. Für manche Bonds werden 75 Prozent Zustimmung benötigt, doch einen Tag vor Ablauf der Frist hat sich noch nicht einmal die Hälfte der Gläubiger beteiligt. Im Falle eines Scheiterns müsste Athen einen Verzicht erzwingen - und das ist sehr riskant.

Wer kein Geld hat, braucht wenigstens Zeit. Aber auch die läuft Griechenland davon. Am Donnerstagabend um 21 Uhr endet die Frist für den freiwilligen Schuldenschnitt. Bis dahin muss die Regierung in Athen genug private Gläubiger überzeugt haben, ihre alten Griechenland-Anleihen gegen neue Papiere einzutauschen. Freitagmittag wollen die griechische Regierung und die Eurogruppe dann Bilanz ziehen und verkünden, ob der Schuldenschnitt wie geplant zustande gekommen ist.

Griechenland benötigt eine Quote von 90 Prozent, um problemlos und "freiwillig" etwa 100 Milliarden Euro - also die Hälfte seines gigantischen Schuldenberges - erlassen zu bekommen. Dass die erfüllt wird, ist nicht garantiert. Erstmals hat der Internationale Bankenverband IIF konrete Zahlen vorgelegt: Bislang liege die Beteiligung bei 39,3 Prozent. Das ist zu wenig. Die griechische Regierung braucht mindestens eine Beteiligung von 66 Prozent. Das gilt allerdings nur für die Staatsanleihen, die nach griechischem Recht vergeben wurden - das sind mehr als 170 Milliarden Euro der insgesamt rund 200 Milliarden Euro an ausstehenden griechischen Schuldenpapieren. Für die übrigen Bonds liegt die Quote bei 75 Prozent.

206 Milliarden Euro der griechischen Schulden befinden sich in privater Hand, bei einem Schuldenschnitt würden die Gläubiger auf 53,5 Prozent ihres Geldes verzichten.

Bisher haben 30 Großinvestoren ihre Bereitschaft zu einem Umtausch erklärt, darunter auch die Deutsche Bank, die Allianz und die Commerzbank. Die Institute halten insgesamt Schuldscheine im Wert von 81 Milliarden Euro.

Ob sich alle griechischen Gläubiger ihres Heimatlandes am Schuldenschnitt beteiligen werden, ist zweifelhaft. Die sechs größten griechischen Banken machen mit, darauf haben sie sich nach einem Treffen mit Finanzminister Evangelos Venizelos verständigt. National Bank of Greece, Eurobank, Alpha, Piraeus, die griechische Postbank und die ATEbank besitzen Schuldpapiere im Volumen von etwa 40 Milliarden der insgesamt 206 Milliarden. Zudem wollen die größten sieben Renten- und Krankenkassen des Landes auf ihre Forderungen verzichten. Vier Rentenfonds weigern sich aber, mitzuziehen.

Sollte die Zustimmung geringer als 90 Prozent ausfallen, kann die griechische Regierung nachträglich Zwangsklauseln, sogenannte Collective Action Clauses (CAC), einführen. Ein entsprechendes Gesetz hatte das Parlament in Athen bereits im Februar beschlossen.

Voraussetzung für die Anwendung der Umschuldungsklauseln ist aber, dass mindestens die Hälfte der privaten Gläubiger sich überhaupt an einer Abstimmung beteiligt. Sollten sich dann zwei Drittel der Teilnehmer für einen erzwungenen Forderungsverzicht aussprechen, müssten auch die übrigen privaten Gläubiger mitmachen. KfW-Chef Schröder äußerte allerdings bereits Zweifel, ob dieses Quorum erreicht wird: "Die Sorge ist relativ groß, dass auch die 66 Prozent verfehlt werden."

Wenn der Schuldenschnitt scheitert, wäre die Vorraussetzung für weitere Hilfen aus Brüssel nicht gegeben. Im schlimmsten Fall droht eine unkontrollierte Insolvenz Griechenlands mit unabsehbaren Folgen.

KfW-Chef zweifelt an Erfolg

Für weitere Unruhe sorgte Ulrich Schröder, Vorstandsvorsitzender der staatseigenen Bankengruppe KfW: Die Förderbank habe Hinweise aus dem Markt, nach denen sich nicht genügend private Gläubiger freiwillig an dem Schuldenschnitt beteiligen könnten, sagte er. Vor allem Fondsmanager und Vermögensverwalter fürchteten Klagen ihrer Kunden, wenn sie auf die Erträge aus den griechischen Staatsanleihen einfach verzichteten.

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle hat daher internationale Hedgefonds aufgefordert, sich am freiwilligen Schuldenschnitt zu beteiligen. Er appelliere an die Investoren, sich genauso konstruktiv zu verhalten wie die Banken, sagte Brüderle. Der amerikanische Fonds Greylock hat sich als Erster offiziell geweigert, bei der Umtauschaktion mitzumachen. Manche Hedgefonds sehen sich Vorwürfen ausgesetzt, sie könnten von einer ungeordneten Pleite Griechenlands profitieren - dank Kreditausfallversicherungen, ein Absicherungsinstrument, dass auch zur Spekulation auf eine griechsiche Totalpleite benutzt werden kann.

Zwangsoptimismus verbreiten hingegen die griechische Regierung und einige Politiker in der Eurogruppe. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble geht von einer ausreichenden Zustimmung der Schuldner aus. "Meine Prognose ist, dass eine hinreichende Mehrheit der Gläubiger dieses Angebot annehmen wird", sagte Schäuble. Unter Abwägung aller Risiken sei das Angebot so, dass die meisten es annehmen dürften.

Der IIF ging kurz vor Ablauf der Frist mit einem Horroszenario an die Öffentlichkeit, um die Gläubiger doch noch zur Teilnahme an der Aktion zu bewegen. Danach würde eine Pleite Griechenlands etwa eine Billion Euro kosten. Das ist aber noch Spekulation - zunächst hofft man in Griechenland und bei den Euro-Partnern noch auf ausreichende Beteiligung innerhalb der gesetzten Frist. "Am Freitagmorgen sehen wir, ob das erreicht worden ist", erklärte Schäuble.

© Süddeutsche.de/Reuters/dpa/bero - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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