Formel 1 und die Autoindustrie:Weltmeister - na und?

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Steigert das Renngeschäft den Absatz der Autoindustrie? Darüber rätselt sie schon lange, fest steht jedenfalls: Von Vettels WM-Triumph in der Formel 1 profitieren die deutschen Fahrzeughersteller nicht.

Karl-Heinz Büschemann

Deutschland ist wieder im Fieber. So sehen das zumindest die Sport- und Boulevard-Blätter. Weil am Sonntag der 23-jährige Sebastian Vettel in Abu Dhabi den Titel des Formel-1-Weltmeisters gewann, gibt es Anlass für überschwängliche Begeisterung. Deutschlands Schlagzeilenblatt Nummer eins spricht sogar von einem historischen Datum.

Sebastian Vettel ist mit der Formel-1-Weltmeisterschaft ein Coup gelungen. Der deutschen Autoindustrie wird er nicht nutzen. (Foto: dpa)

Das nächtliche Rennen im Orient mag vielen der Beteiligten einen Nutzen bringen. Schließlich schauen Milliarden von Menschen auf dem ganzen Erdball dem dubiosen Wettrasen zu. Nur eine Branche wird von diesem Spektakel keinen Nutzen haben: Die Autoindustrie. Schon gar nicht werden die deutschen Fahrzeughersteller davon profitieren, dass mal wieder ein Deutscher den Titel des Formel-1-Weltmeisters trägt.

Jedes Jahr wird klarer, dass der Formel-1-Zirkus und die Autoindustrie zunehmend weniger miteinander zu tun haben. In jüngster Zeit stiegen sogar drei große Automarken aus dem Spektakel aus: Honda, Toyota und BMW wollten die Kosten dafür nicht mehr tragen, die für jeden Rennstall nach Schätzungen pro Jahr zwischen 250 und 500 Millionen Euro liegen. Mit diesem Geld lässt sich im Zeitalter von Klimawandel und Ressourcenknappheit Sinnvolleres machen, als Autos im Kreis fahren zu lassen.

Seit es die Autoindustrie gibt, wird darüber gerätselt, ob das Renngeschäft ihren Absatz steigert. Beweisen lässt sich das nicht. Allerdings steht fest, dass die Sportwagenmarke Porsche in den vergangenen zwei Jahrzehnten erfolgreich war, ohne in der Formel 1 mitzukreisen. Die Zuffenhausener konnten sich das Engagement nicht leisten. Oder Ferrari. Die italienische Marke hat in den vergangenen beiden Jahrzehnten Formel-1-Rennen in Serie gewonnen. Der Ferrari-Eigentümer Fiat fuhr gleichzeitig von Krise zu Krise. Die hinter den Boliden stehenden Marken geraten zunehmend in den Hintergrund. Die wenigsten Menschen, die Vettel vom Limonaden-Rennstall Red Bull zujubeln, werden wissen, dass er in einem Renault gewann.

Geld sinnvoller ausgeben

Nicht einmal das letzte Argument der Formel-1-Verteidiger gilt noch: dass mit den Rennen in den aufstrebenden Schwellenländern der Absatz von Autos angekurbelt werden könnte. Wäre dies richtig, müssten alle Massenhersteller der Welt, von VW bis General Motors, in dem Rennzirkus vertreten sein. Sie sind es nicht. "Jeder, der in der Autoindustrie Verantwortung trägt, muss die Formel 1 auf ihren Sinn hinterfragen", sagt sogar der frühere Ferrari-Star Niki Lauda.

Die Formel 1 hat viele Profiteure. Das ist nicht allein der Formel-1-Unternehmer Bernie Ecclestone. Die gesamte Werbewirtschaft profitiert davon, dass Milliarden von Zuschauern auf den Moment warten, in dem einer der modernen Gladiatoren in ihren PS-Geschossen gegen die Wand fährt.

Aber die Autoindustrie kann kein Interesse mehr daran haben, mit schlimmen Motiven in Verbindung gebracht zu werden. Sie beginnt ja auch zu lernen. Der BMW-Konzern hat vor zwei Jahren die Not zur Tugend gemacht. Er war in der Formel lange erfolglos und verpulverte Geld, während er krisenbedingt Leute entlassen musste. BMW begründete den Ausstieg damit, das Formel-1-Getriebe stehe im Widerspruch zu moderner Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit. Das ist nicht nur richtig, es ist auch wirtschaftlich, es spart nämlich Geld.

© SZ vom 16.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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