Ja, bestätigt Meinhard von Gerkan, es habe jüngst Gespräche mit Hartmut Mehdorn gegeben, geheim und sogar zwei davon. Das ist insofern überraschend, als Mehdorn der neue Chef des Großflughafens Berlin-Brandenburg (BER) ist, der berüchtigtsten Infrastruktur-Ruine des Landes. Und Gerkan das personifizierte Feindbild der Flughafengesellschaft ist, oder sollte man sagen: der Sündenbock? So genau weiß man das nicht, denn der Streit darum, wer BER grandios verbockt hat, muss erst gerichtlich aufgearbeitet werden.
Die Flughafengesellschaft hat im Mai 2012, das war noch vor Mehdorn, das Architektenteam des Meinhard von Gerkan erst gefeuert und dann verklagt. Die BER-Anwälte machen massive Fehlplanungen und unausgereiftes Design für die immer neuen Probleme verantwortlich, während die Architekten eine chaotische Planung der Offiziellen beklagen, durch die der Bauablauf "regelrecht zerschossen" worden sei. Und nun: Geheimgespräche zwischen Gerkan, 78, und Mehdorn, 70, den beiden Hitzköpfen, ausgerechnet.
Hier Hartmut Mehdorn, geboren 1942 im besetzten Warschau, Unternehmersohn, Dauer-Klassensprecher und Leistungssportler, Maschinenbauer und Manager. Airbus, Heidelberger Druck, Deutsche Bahn, Air Berlin. Ein bekannter Sanierer für hoffnungslose Fälle, der allerdings seine Unternehmen nicht immer in Bestform zurückließ. Ein Workaholic und Polterer. Dort Meinhard von Gerkan, geboren 1935 in Riga. Die Eltern früh verloren, in Pflegefamilien aufgewachsen, das Abitur erst am Abendgymnasium bestanden, fand er zur Architektur erst nach Wanderjahren. Dann aber mit dem Hamburger Büro Gerkan, Marg und Partner (gmp) ein grandioser Senkrechtstarter, Hunderte vielfach preisgekrönte Projekte weltweit, Bürohäuser, Hotels, Einkaufsgalerien, Sportstadien, Museen, Brücken, ganze Städte - und eben Flughäfen. Das Sechseck des Immer-noch-Flughafens Tegel ist sein Werk. Auch er streitbar und direkt.
Konflikte beim Bau des Berliner Hauptbahnhofs
Und dann das: Mehdorn war letzter Bauherr des neuen Berliner Hauptbahnhofs, Gerkan sein Architekt. Das milliardenteure Prestigeprojekt wurde 2006 zur Fußball-WM eröffnet. Pünktlich nur, weil Mehdorn aufs Tempo drückte, rücksichtslos. Er verkürzte die Überdachung der Bahnsteige und ersetzte die aufwendige Gewölbekonstruktion des Untergeschosses durch eine Flachdecke. Gerkan schäumte, sprach von "schlimmsten Verstümmelungen" und klagte: "Unsere Baukultur unterliegt einer unerträglichen Zerreißprobe, in der Kommerz und Management in Selbstherrlichkeit ihren Bogen seit Langem weit überspannen."
Der Architekt verklagte die Bahn und bekam recht. Und Mehdorn? Reagierte auf das Urteil mit dem legendären Satz: "Wir haben einen Bahnhof bestellt und keine Kathedrale." Am Ende klärte der Bahn-Chef die Dinge hemdsärmlig durch einen Vergleich: Die Bahn zahlte strittige Honorarforderungen als Spende an einen Architekturverein. Die Flachdecke blieb.
Vielleicht kriegen die beiden Streithähne tatsächlich nun auch den Flughafen in den Griff, dessen Inbetriebnahme schon viermal verschoben wurde.