Finanzskandal:U-Ausschuss lädt viele Wirecard-Verantwortliche als Zeugen

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In dem Milliardenskandal haben die Abgeordneten viele Fragen: Neben Ex-Chef Markus Braun sollen vier frühere Aufsichtsräte und zwei ehemalige Manager aussagen.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Der Untersuchungsausschuss zu Wirecard im Bundestag hat sich darauf verständigt, ehemalige Chefs und Aufsichtsräte des mittlerweile insolventen Zahlungsdienstleisters als Zeugen im Bilanzskandal zu befragen. An diesem Freitag seien die Einladungen an sieben Mitglieder des ehemaligen Führungsteams abgeschickt worden, verlautete in Berlin. Sie sollen am auf der nächsten Sitzung des Ausschusses am 19. November öffentlich aussagen.

Auf der Zeugenliste, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt, stehen neben Markus Braun, dem ehemaligen Vorstandschef, die früheren Aufsichtsrätinnen Tina Kleingarn und Susana Quintana sowie die einstigen Aufsichtsratschefs Wulf Matthias und Thomas Eichelmann. Eingeladen sind zudem zwei weitere ehemalige Manager.

Die Ladungen müssten mit einer Woche Vorlauf verschickt werden, diese Frist sei gewährleistet, hieß es weiter. Ob alle Zeugen anreisen oder zugeschaltet werden müssen, wird noch geprüft. Es müsse gewährleistet sein, dass sie öffentlich gehört werden könnten. Man prüfe, jedem Zeugen ein Eingangsstatement von fünf Minuten zu ermöglichen.

Ob die Zeugen reden, ist offen. Von Ausschussmitgliedern hieß es, man könne nicht ausschließen, dass Zeugen wie Braun, der in Untersuchungshaft sitzt, von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machten, um sich in einem späteren Prozess nicht selbst zu belasten.

Ende Dezember soll es um die Lobbyarbeit der Bundesregierung gehen

Auf der folgenden Sitzung am 26. November soll das Versagen der Wirtschaftsprüfer aufgearbeitet werden. Man will vier zuständige Vertreter von Ernst & Young einladen sowie einen Prüfer von KMPG. Vor allem die Prüfer von E&Y müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, mit schlampigen Prüfmethoden den jahrelangen Betrug von Wirecard erst möglich gemacht zu haben. Die Prüfer hätten "spektakulär versagt", sagte der FT-Journalist Dan McCrum am Donnerstag in Berlin, wo er als Sachverständiger im U-Ausschuss aufgetreten war. McCrum hatte maßgeblich dazu beigetragen, dass der Betrug aufflog.

Auch der weitere Zeitplan des Untersuchungsausschusses bis Ende des Jahres ist abgestimmt. In der ersten Sitzung im Dezember soll die Rolle der Abschlussprüferaufsichtsstelle APAS und des Wirtschaftsministeriums beleuchtet werden. Dazu sind fünf Zeugen vorgesehen. Ende Dezember soll die Lobbyarbeit der Bundesregierung für Wirecard in China aufgearbeitet werden. Auch Kanzlerin Angela Merkel hatte sich eingesetzt.

Der U-Ausschuss soll bis Mai 2021 aufklären, warum es dem früheren Dax-Konzern Wirecard gelingen konnte, unter den Augen der Aufseher und der Politik jahrelang bandenmäßig zu betrügen - so der Vorwurf der Ermittler. Fast zwei Milliarden Euro Luftbuchungen blieben unentdeckt. Zehntausende Anleger haben Geld verloren. Die Chancen, dass sie entschädigt werden, sind gering, weil etwa die Haftung der Wirtschaftsprüfer gedeckelt ist. Die Prüfer von Ernst & Young hatten Wirecard jahrelang korrekte Bilanzen bescheinigt. Der Bilanzbetrug wird als der größte in der deutschen Geschichte gehandelt.

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