Finanzbranche:Nachsitzen in Frankfurt

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Der Vorstandschef der Commerzbank, Martin Zielke, will Stellen streichen. (Foto: Boris Roessler/dpa)

Die Commerzbank muss womöglich noch mehr sparen.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Erst wenige Monate ist es her, dass sich die Commerzbank eine neue Strategie verordnet hat - das vierte Mal in zehn Jahren. Um endlich dauerhaft profitabel zu sein, will Vorstandschef Martin Zielke noch mehr Stellen streichen, die Tochter in Polen verkaufen und die Direktbank Comdirect integrieren. Damit sei man auf dem richtigen Weg, hatte er Mitte Februar auf der Bilanzpressekonferenz des Konzerns gesagt. Womöglich aber muss Zielke in einigen Punkten nacharbeiten. Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg empfiehlt die Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) offenbar drastischere Maßnahmen. Der Bund, der seit der Finanzkrise noch mit 15,6 Prozent an der Commerzbank beteiligt ist, hatte BCG im Herbst 2019 damit beauftragt, die Strategie der Commerzbank zu überprüfen - ein ungewöhnlicher Vorgang.

Die Berater dürften die Ergebnisse in Kürze der Finanzagentur mitteilen, welche die Beteiligung des Bundes verwaltet, und den Bericht an das Finanzministerium weiterleiten. Offen ist dann natürlich, welche Schlüsse der Bund daraus zieht. Laut Bloomberg kritisiert Boston Consulting die mittelfristigen Gewinnziele als zu niedrig. Das Institut soll demnach doppelt bis dreifach so viel sparen wie geplant, was immens viel wäre. Außerdem werde empfohlen, das Filialnetz zu verkleinern. Letzteres wäre eine Wende: Die Bankführung will eigentlich 800 Filialen behalten.

Einige Großaktionäre und Bankenaufseher hatten zuvor ebenfalls kritisiert, die Bank habe sich mit einer Eigenkapital-Rendite von vier Prozent bis 2023 zu niedrige Ziele gesetzt, um dauerhaft stabil zu sein. Zielke hatte daher im Februar ein Sparprogramm und höhere Ziele versprochen, ohne Details zu nennen. BCG empfiehlt wohl außerdem, Kapitalmarkt- und Auslandsaktivitäten weiter einzuschränken und noch stärker in IT zu investieren. Unklar ist, ob dies über die bisherigen Pläne hinausgeht, denn hier hat die Bank bereits einiges verkündet. Eine Sprecherin der Commerzbank sagte, man habe den Bericht noch nicht gesehen. "Wenn das die Themen sind, dann sind sie nicht neu für uns. Denn an diesen Themen arbeiten wir bereits seit längerer Zeit." BCG wollte sich nicht äußern. Bei der Finanzagentur hieß es, der Bericht sei noch in Arbeit.

Immerhin gab es am Freitag noch erfreuliche Nachrichten für die Bank: Der US-Fonds Capital Group ist mit 4,82 Prozent zu einem der größten Aktionäre des Frankfurter Geldhauses avanciert.

© SZ vom 29.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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