Finanzbranche:Der Spion, den sie liebte

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Die Hedgefonds-Managerin Elena Ambrosiadou und ihr früherer Ehemann galten als Traumpaar der milliardenschweren Finanzwelt. Nun verklagt sie ihn wegen angeblichen Datenklaus.

Andreas Oldag

Wenn Elena Ambrosiadou mit ihrer Yacht Maltese Falcon im Hafen von Monaco oder im italienischen Nobelkurort Portofino aufkreuzt, sorgt sie in der Premiumklasse der Millionäre und Milliardäre für Aufsehen. Das Schiff ist mit einer Länge von knapp 100 Metern eine der größten Segelyachten der Welt. Selbst starke Stürme können so einen schweren Pott nicht vom Kurs abbringen.

Hedgefonds-Managerin Elena Ambrosiadou verfügt über ein Privatvermögen von 330 Millionen Dollar. (Foto: Bloomberg)

Anders sieht es dagegen für die schwer reiche Eignerin und Hedgefonds-Managerin Ambrosiadou aus: Die 53-Jährige hat sich in einen bizarren Streit mit ihrem Ex-Partner Martin Coward und ehemaligen Investmentmanagern des Fonds hineinmanövriert. Es geht um einen erbittert geführten Rosenkrieg, aber auch um Vorwürfe der Firmenspionage.

Lange Zeit galten Ambrosiadou und der ehemalige Goldman-Sachs-Manager Coward, die 1992 in London den Hedgefonds Ikos gründeten und bald darauf auch eine private Liaison eingingen, als Traumpaar in der schillernden Finanzwelt. Der Wert ihres Fonds steigerte sich von 600.000 Dollar auf 3,5 Milliarden Dollar im Jahr 2007. Allein das Privatvermögen der Chefin wird auf 330 Millionen Dollar geschätzt.

Ambrosiadou ist gebürtige Griechin, die ihre Karriere einst beim britischen Ölkonzern BP begann. Doch dann soll es bereits 2004 zum Zerwürfnis zwischen ihr und Coward gekommen sein, sodass umgehend die Scheidung eingereicht wurde. Inzwischen hat Ikos aus steuerlichen Gründen seinen Firmensitz auf die Mittelmeerinsel Zypern verlegt.

Vorläufig letzter Akt in dem Drama: Ambrosiadou setzte einen richterlichen Befehl durch, um im Monaco-Büro ihres Ex-Gatten, der inzwischen aus dem Ikos-Management ausgeschieden ist, angeblich gestohlene Software zu konfiszieren. Insgesamt gibt es nach einem Bericht der Sunday Times in der Affäre 58 Rechtsverfahren, die von den streitenden Parteien über ihre jeweilige Anwälte in Gang gesetzt worden sind.

Offenbar ist Ambrosiadou davon getrieben, dass man ihr das Herzstück ihres Fonds entwenden könnte, nämlich hoch komplexe mathematische Rechenmodelle. Aus dem riesigen Datenstrom der Finanzmärkte suchen Ikos-Computer in Bruchteilen von Sekunden nach Signalen, die beispielsweise Preisunterschiede zwischen verschiedenen Handelsplätzen und auch Fehlbewertungen anzeigen. Dies nutzt der Computer, um Geld gewinnbringend anzulegen.

Kein Zufall, dass entsprechende Software in der Branche zu den am besten gehüteten Firmengeheimnissen gehört. In Streitfällen geht es häufig um den Diebstahl geistigen Eigentums. So wurde beispielsweise im März dieses Jahres in New York ein ehemaliger Goldman-Sachs-Beschäftigter von einem Gericht für schuldig gefunden, von der Investmentbank den Quellcode für ein wichtiges Computerprogramm gestohlen zu haben.

Nach Ansicht der Anklage wollte der Beschuldigte das Programm weiterverkaufen oder aber sogar zur Gründung eines eigenen Hedgefonds einsetzen. Angeblich hätte der Angeklagte pro Jahr etwa 300 Millionen Dollar an den Finanzmärkten machen können. Kein Zufall, dass die misstrauische Ambrosiadou vor kurzem den Ex-Ikos-Manager Tobin Govers bespitzeln ließ, der angeblich mit ihrem Ex-Lover unter einer Decke steckte.

Aus den britischen Gerichtsakten geht eine Story im James-Bond-Stil hervor: Danach erhielt Govers, ein hoch qualifizierter Mathematiker, im November 2008 in seinem Büro in Limassol auf Zypern einen Anruf einer freundlichen Dame, die sich als Laura Maria Van Egmond und neue Nachbarin vorstellte.

Die Anruferin erzählte, sie würde sich wegen eines Yachtunfalls für einige Monate an der "Goldküste" Zyperns erholen wollen. Alles schien durchaus glaubwürdig zu sein. Schon bald freundete sich Egmond, die vorgab aus einer reichen holländischen Familie zu stammen, mit Govers Ehefrau an. Die beiden Damen nahmen an einer Yoga-Klasse teil. Man besuchte sich zum Kaffee und genoss die Abende auf der Terrasse mit Blick aufs Meer.

Was Govers allerdings nicht wusste: Laura Egmond hieß in Wirklichkeit Laura Merts und war von Ambrosiadou angeheuert worden, um bei Goverts nach gemopsten Firmenunterlagen zu suchen. Den Akten zufolge war Merts einst sogar als professionelle Agentin im Nahkampf in Israel ausgebildet worden.

Bis heute ist allerdings unklar, ob der Ikos-Chefin überhaupt ein finanzieller Schaden entstanden ist, oder aber ob allein schon die Angst vor möglichen Durchstechereien ihrer Mitarbeiter und ehemaligen Partner für ihre Verfolgungsaktionen ausschlaggebend war. Der Fall Ikos wird noch viele Gerichte beschäftigen.

© SZ vom 31.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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