Familien und Finanzen:Über Geld spricht man - doch

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Kinder verdienen mehr Offenheit über die Finanzen der Familie (Archivbild) (Foto: Patrick Pleul/dpa)

Nur selten wissen Kinder, wie teuer Familienleben wirklich ist. Warum Eltern viel offener über Geld reden sollten.

Kommentar von Jakob Schulz

Dieses Gewicht trägt niemand mal eben die Treppe hoch: Fast 31 Kilogramm wäre ein Sack schwer, würde man ihn mit 4086 Ein-Euro-Münzen füllen. Exakt dieser Summe entspricht das durchschnittliche monatliche Bruttoeinkommen deutscher Haushalte, errechnete das Statistische Bundesamt zuletzt für 2013. Trotz des Gewichts spricht viel dafür, dass Eltern einen solchen Sack Münzen einmal auf den Esstisch ausschütten sollten: Kinder verdienen mehr Offenheit über die familiären Finanzen.

Das eigene Einkommen ist ein heikles Thema. Selbst Verwandte oder Lebenspartner haben oft keinen Schimmer, was sich auf den Konten ihrer Nächsten tut. Dabei spielt Geld bei den meisten Entscheidungen eine gewichtige Rolle. Dass Kinder mit kleinen Summen spielerisch lernen, mit Finanzen umzugehen, ist heute zum Glück üblich. Zwei Drittel der Vier- bis Fünfjährigen bekommen mittlerweile Taschengeld. Doch die Offenheit von Eltern sollte weiter gehen. Wer Kindern finanzielle Informationen anvertraut, vermittelt zugleich die Gewissheit, ernst genommen zu werden.

Mit mehr als 4000 Euro-Münzen auf dem Tisch dürften sich viele Kinder wie in Onkel Dagoberts Geldspeicher fühlen. Das Hochgefühl wird nicht lange anhalten: Als Erstes müssen viele hundert der Ein-Euro-Münzen auf den Stapel "Steuern" verschoben werden. Zahllose weitere braucht man für "Miete" oder "Kreditrate". Auch "Kita-Beitrag", "Tanken", "Monatsticket" oder "Versicherung" werden ansehnliche Münzstapel und außerdem kann man gleich noch die Frage beantworten, was Steuern und Versicherungen überhaupt sind. Am eindrücklichsten dürfte sein, wie wenig Münzen übrig bleiben. Der kleine Rest also, der für Sportverein, Besuche ins Kino und den Zoo, Musikunterricht oder eine Klassenfahrt übrig bleibt.

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Sprechen Eltern über Geld, können ihre Kinder früh ein Gefühl für vernünftiges Haushalten entwickeln. Die Erziehung der Eltern beeinflusst entscheidend, wie Kinder später mit Geld umgehen, belegen Studien. Vorteilhaftes Finanzverhalten nennen Forscher das und setzen es mit der Fähigkeit gleich, zu budgetieren, Anlagerisiken zu streuen oder zu sparen. Finanztrainings in der Schule haben demnach dagegen erstaunlich geringen Einfluss.

Klar: Ein Fünfjähriger muss die Furcht einflößende Höhe der Kreditrate nicht kennen

Warum jubelt Mama nicht gleich, wenn eine große Klassenfahrt im Gespräch ist? Wieso ist Papa angesichts des tollen Computers im Laden so viel weniger euphorisch? Familienleben ist teuer. Nur wo Offenheit herrscht, kann Verständnis wachsen. Vielleicht sieht dann auch ein Elfjähriger von sich aus ein, dass die Spielekonsole für viele hundert Euro zwar toll, aber trotzdem nicht nötig ist.

Eine andere Studie ergab zuletzt, dass Kinder ihr finanzielles Wissen größtenteils unbewusst aufnehmen - sogar in Familien, die sich bemühen, bewusst finanzielle Grundlagen zu vermitteln. Umso wichtiger, sagen die Autoren, dass Eltern sich beim Thema Geld nicht widersprüchlich verhalten und Worte und Taten zusammenpassen.

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Kommentar von Jakob Schulz

Natürlich birgt Offenheit Gefahren. Ein Fünfjähriger muss die Furcht einflößende Höhe der monatlichen Kreditrate nicht kennen. Ein Zweitklässler sollte in der Schule nicht mit den elterlichen Gehaltsschecks angeben. Kein Kind sollte sich fürchten, dass die dringend notwendigen Winterschuhe die Zukunft der Familie gefährden. Das Thema Geld ist für Eltern ein Balanceakt. Trotzdem: Der Mut zu wohldosierter Offenheit lohnt sich. Auf dass sich in der neuen Generation ein neues Credo durchsetzt: Über Geld spricht man - natürlich.

© SZ vom 09.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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