Der Papst unterstützt Donald Trump, Nordkorea wird christlich und das kanadische Fernsehen beweist, dass Angela Merkel Deutschland hasst? Die Debatte um Fake News wie diese ist in den vergangenen Jahren enorm laut geworden. Im Mittelpunkt stehen die sozialen Netzwerke, wo sich die Falschmeldungen besonders gut verbreiten, weswegen Facebook, Twitter und Co. immer häufiger als Bedrohung der Demokratie gesehen werden.
Schon 2016 schrieb die New York Times, Millionen Menschen seien bereits auf Fake-News-Stories von Social-Media-Seiten hereingefallen. Tatsächlich aber scheint der Einfluss von sozialen Netzwerken - insbesondere von Facebook - auf die politische Meinungsbildung überschätzt zu sein. Das zeigt eine im Fachmagazin Plos One veröffentlichte Studie des Kommunikationswissenschaftlers Kelly Garrett, Professor an der Ohio State University.
Um den Zusammenhang zwischen Social-Media-Nutzung und der Anfälligkeit für Fake News zu untersuchen, wertete Garrett die Daten von mehreren Befragungen aus, die während der US-Präsidentschaftswahlen 2012 und 2016 durchgeführt wurden. Mehrere Hundert US-Amerikaner hatten dabei angegeben, wie häufig sie soziale Netzwerke nutzten.
Unwahrheiten über Muslime und Gewalt
2012 wurden sie zudem nach vier Falschnachrichten über die beiden Kandidaten Barack Obama und Mitt Romney befragt: Ob sie die Aussagen schon einmal gehört hatten und wenn ja, für wie wahr sie diese hielten. 91 Prozent der Befragten hatten demnach schon einmal das Gerücht vernommen, Obama sei Muslim. 29 Prozent von ihnen hielten die Aussage für wahrscheinlich oder sogar definitiv wahr. Bei der Wahl von 2016 mussten die Befragten Aussagen über die Kampagnen der Kandidaten bewerten. Etwa: "Die meisten Muslime unterstützen Gewalt gegen westliche Länder, eingeschlossen die USA" oder: "Immigranten begehen häufiger Gewaltverbrechen als in den USA geborene Personen." Zur Klarstellung: Beides ist falsch.
Garrett analysierte nun, ob jene Menschen, die mehr Zeit in den sozialen Netzwerken verbrachten, häufiger Unwahrheiten glaubten. Für die Daten von 2012 beobachtete er, dass sehr aktive Social-Media-Nutzer eher Falschaussagen über Obama für wahr hielten. Der Effekt war allerdings sehr klein. Im extremsten Fall lagen die User auf einer Fünf-Punkte-Skala einen halben Punkt weiter in Richtung Unwahrheit. Für die Wahl von 2016 zeigt die Untersuchung, dass eine vermehrte Nutzung von sozialen Netzwerken nicht zu stärkerer Anfälligkeit für Fake News führte. Vielnutzer, die häufig bei Facebook eingeloggt waren, lagen einen halben Punkt näher an der Wahrheit als jene, die in anderen Netzwerken ihre Zeit verbrachten. "Das Ausmaß des Effekts ist gering", schreibt Garrett, aber es stelle die Vermutung infrage, dass Facebook einen einzigartig schädlichen Einfluss auf die Wahlen hatte.
Zuvor hatte eine in der Fachzeitschrift Nature veröffentlichte Studie gezeigt, dass ein Viertel aller Twitter-Beiträge aus dem vergangenen US-Wahlkampf zu Nachrichten verlinkten, die komplett oder zu großen Teilen unwahr waren. Dennoch scheinen Nutzer nur bedingt mit den Falschnachrichten in Kontakt zu kommen. Und selbst wenn, ist der Einfluss auf die Meinung nur gering. Beruhigend sind diese Erkenntnisse für Kelly Garrett allerdings nicht: "Wir wissen, dass Amerikaner mit erschreckender Regelmäßigkeit Überzeugungen vertreten, die nicht zutreffen", sagt er. "Und wenn Social Media nicht der Hauptgrund dafür ist, sollten wir wirklich mehr Energie investieren, um herauszufinden, was sonst noch vor sich geht."