Facebook:Die Nummer mit der Nummer

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Das Bundesamt für Justiz rügt den Umgang von Facebook mit Hasskommentaren. (Foto: Dominic Lipinski/picture alliance)

Facebook-Nutzer können nicht mehr verhindern, dass ihr Konto über die eigenen Mobilfunkdaten gefunden wird. IT-Experten sind empört

Von Simon Hurtz, Berlin

Glaubt man Mark Zuckerberg, dann fragt sich der Facebook-Chef jeden Tag: Wie kann ich die Welt ein bisschen besser machen? Seine Antwort lautet: Ich versuche, Menschen miteinander zu verbinden. Deshalb verkündete Zuckerberg 2017, dass sich sein Unternehmen ein neues Motto gegeben habe: "die Welt näher zusammenbringen".

Ob die Menschen und die Welt das wirklich wollen, scheint Facebook nur am Rande zu interessieren. Wie radikal das Unternehmen auf seiner Weltvernetzungsmission vorgeht, zeigt ein aktuelles Beispiel. Wer Facebook seine Telefonnummer anvertraut hat, kann nicht mehr verhindern, dass Dritte sein Konto über diese Nummer finden können. Das gilt auch für Nutzer, die ihre Handynummer nur aus Sicherheitsgründen hinterlegt haben, um ihr Konto mit der sogenannten Zwei-Faktor-Authentisierung (2FA) zu schützen.

Facebook missbraucht also das Sicherheitsbedürfnis einiger Menschen, um noch mehr Daten zu sammeln. Am vergangenen Freitag machte der Unternehmer Jeremy Burge in mehreren Tweets darauf aufmerksam, dass Facebook-Nutzer nur noch drei Möglichkeiten haben: Sie können von "jedem", von "Freunden von Freunden" oder "Freunden" gefunden werden, wenn diese mit ihrer Handynummer nach ihrem Konto suchen. Die Option "Niemand" gibt es nicht mehr.

Ein Facebook-Sprecher weist darauf hin, dass es seit April 2018 nicht mehr möglich sei, Handynummer oder E-Mail-Adresse in die Suchleiste einzugeben, um bestimmte Profile zu finden. Das stimmt - allerdings können Dritte das Konto auf anderen Wegen finden, etwa indem sie Facebook Zugriff auf ihr Adressbuch geben und sich Nutzer anzeigen lassen, die mit den Daten übereinstimmen.

Auch Facebooks ehemaliger Sicherheitschef wendet sich gegen das Unternehmen

Das Vorgehen mache deutlich, dass es Facebook selbst an der kleinsten Spur von Anstand mangele, schreibt Tech-Journalist Walt Mossberg auf Twitter. John MacFarlane, Mitgründer des Lautsprecher-Herstellers Sonos spricht von einer "kompletten ethischen Bankrotterklärung". Selbst Facebooks ehemaliger Sicherheitschef Alex Stamos wendet sich gegen seinen Ex-Arbeitgeber. Der Fall zeige, warum Tech-Unternehmen Sicherheitsbeauftragte benötigten. Seit Stamos' Abgang im vergangenen August hat Facebook keinen Nachfolger ernannt.

Zyniker könnten an dieser Stelle sagen: Wer etwas anderes von Facebook erwartet, ist naiv. Bereits vor einem Jahr veröffentlichte Buzzfeed ein internes Memo des hochrangigen Facebook-Managers Andrew Bosworth, in dem es heißt: "Wir verbinden Menschen. Punkt. Das ist der Grund, warum all die Arbeit, die wir in Wachstum stecken, gerechtfertigt ist. All die fragwürdigen Vorgehensweise, um Kontakte zu importieren. All die subtile Sprache, die dazu beiträgt, dass Menschen weiter von Freunden gefunden werden können." Alles, was es Facebook erlaubt, mehr Menschen miteinander zu verbinden, sei "per se gut". Das Memo war intern umstritten, auch Zuckerberg distanzierte sich nach der Veröffentlichung davon. Dennoch verdeutlicht es, dass führende Facebook-Mitarbeiter überzeugt sind, dass der richtige Zweck fast alle Mittel heiligt.

Wie lange Facebook die Einstellung schon geändert hat, ist unklar. Ein Sprecher sagt, die drei Auswahlmöglichkeiten seien "nicht neu". Das Unternehmen nennt aber keinen konkreten Zeitpunkt der Änderung. Auf die Frage, warum man es für eine gute Idee hält, dass alle Nutzer zwangsweise über ihre Handynummer gefunden werden können, antwortet Facebook nicht. Das Unternehmen teilt nur mit, dass man "das Feedback wertschätzt und berücksichtigen" werde.

Die Handynummer ist für Facebook wertvoll, weil sie ein noch genaueres Tracking der Nutzer zulässt. Werbekunden können Adresslisten und Kontaktinformationen bei Facebook hochladen und auf dieser Grundlage personalisierte Anzeigen schalten. Für den Konzern entwickelt sich die Mobilfunknummer dabei zu so etwas wie einem zentralem Identifikationsmerkmal über alle Plattformen hinweg. Das Unternehmen versucht, Kontaktinformationen von Instagram, Whatsapp, dem Messenger und Facebook miteinander zu verbinden und setzt sich dabei teils über geltendes Datenschutzrecht hinweg. Die bayerische Datenschutzaufsicht verlangt seit Kurzem, dass sich die Werbetreibenden die Zustimmung der betroffenen Nutzer einholen.

© SZ vom 05.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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