EZB-Chef Draghi:"Wir werden nicht zögern zu handeln"

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Die EZB belässt den Leitzins bei null Prozent und kauft erstmals Firmenanleihen. Und für die Euro-Staaten hat EZB-Chef Draghi einen Rat.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Mario Draghi und die Deutschen haben ein besonderes Verhältnis. Da war es naheliegend, den Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) danach zu fragen, ob man denn an der Abschaffung des Bargelds arbeite. "Unsere Entscheidung, den 500 Euro-Schein abzuschaffen, hat nichts mit der Abschaffung des Bargelds zu tun", sagte Draghi am Donnerstag in Wien, wo der EZB-Rat ausnahmsweise tagte. "Da gab es jede Menge Verwirrung. Wir ersetzen den 500er durch mehr 200 Euro-Scheine. Es ist wichtig, dass wir das deutlich machen."

Die EZB beließ in ihrer Sitzung den Leitzins bei null Prozent und beschloss auch keine weiteren Maßnahmen. "Unser Fokus liegt nun darauf, die beschlossenen Maßnahmen umzusetzen", sagte Draghi. Die EZB wird am 8. Juni mit dem Ankauf von Firmenanleihen beginnen, also etwa Schuldscheine von Siemens oder Daimler. Das gab es in der Geschichte der EZB noch nicht. Bislang nahm man nur Staatsanleihen und Verbriefungen ins Depot. Die nationalen Notenbanken werden jede Woche veröffentlichen, welche Firmenanleihen sie gekauft haben. Die EZB kauft noch bis März 2017 monatlich Wertpapiere für 80 Milliarden Euro, um die Kreditvergabe anzukurbeln. Dann werden 1,7 Billionen Euro in den Markt geflossen sein.

Ab 22. Juni wird die EZB den Banken in besonderer Weise unter die Arme greifen: Sie erhalten beispielsweise eine Million Euro Kredit und müssen nur 996 000 Euro zurückzahlen. Basis dieser Berechnung ist der geltende EZB-Strafzins in Höhe von 0,4 Prozent. Die EZB verschenkt praktisch Geld. Diese Kredite gibt es aber nur, wenn Banken diese Darlehen an Haushalte und Unternehmen, die nicht im Finanzsektor arbeiten, vergeben. So soll die Wirtschaft angekurbelt werden.

Die griechische Banken bleiben trotz der jüngsten Grundsatzeinigung Athens mit den Gläubigern weiter von der direkten Geldversorgung durch die EZB abgeschnitten. Die EZB habe die entsprechende Sonderregelung, dank derer sich griechische Banken bei der EZB Geldleihen könnten, noch nicht wieder eingeführt, sagte Draghi. Man erkenne an, dass es in den vergangenen Monaten "bedeutende Fortschritte" gegeben habe. Doch nun müssten von Griechenland verlangte Vorbedingungen noch erfüllt werden. "Erst dann werden wir die Sonderregelung beschließen."

Die EZB möchte mit ihrer Geldpolitik die Inflation wieder auf zwei Prozent anheben. Diese Teuerungsrate gilt den Währungshütern als Preisstabilität. Doch davon ist man weit entfernt. Die EZB hat die Inflationsprognose für das laufende Jahr von 0,1 Prozent auf gerade einmal 0,2 Prozent angehoben, auch als Folge der Ölpreiserholung. Erst im Jahr 2017 soll die Teuerungsrate im Euroraum bei 1,3 Prozent und 2018 bei 1,6 Prozent liegen. Die Idee, das Inflationsziel von zwei Prozent zu ändern, lehnte Draghi ab. "Jede Änderung - egal ob nach unten oder nach oben - würde die Glaubwürdigkeit der Notenbank untergraben."

Der EZB-Präsident forderte die Regierungen der Euro-Staaten dazu auf, mehr für Wachstum zu tun, etwa durch Infrastrukturinvestitionen, und sich weniger auf die Zentralbank zu verlassen. Doch Draghi wäre nicht Draghi, wenn er nicht sein Bekenntnis erneuert hätte, im Ernstfall, wenn es denn nötig werden sollte, da zu sein. "Wir werden nicht zögern zu handeln."

© SZ vom 03.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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