Natürlich John Grisham. Wenn schon, dann vergleicht sich Thomas Middelhoff nur mit den ganz Großen. Klein, oder wenigstens bescheiden - das hat er noch nie beherrscht. Daran hat sich auch nichts geändert, seit die Managerkarriere des früheren Bertelsmann- und Arcandor-Chefs im Knast und in der Privatinsolvenz endete.
Auf Bewährung draußen, tingelt Middelhoff nun als scheinbar Geläuterter durch Talkshows und geriert sich als Möchtegernfürsprecher aller Knackis, weil es nämlich im deutschen Strafvollzug so ungemütlich zugeht. Der kranke Middelhoff hat über seine Erfahrungen hinter Gittern ein Sachbuch geschrieben, dem nun ein Thriller folgen soll. "So eine Art Wirtschaftskrimi", sagte Middelhoff - und verglich sich eben sofort mit Grisham, jenem Schriftsteller, der seit Jahrzehnten einen Weltbestseller nach dem anderen schreibt. Wie der Amerikaner seinen beruflichen Hintergrund als Ex-Rechtsanwalt für seine Romane nutze, so werde er, Middelhoff, seine Erlebnisse in Unternehmen einbauen. "Manches ist in der Realität so kurios, dass man sagen wird: Ist der kreativ, sich so was einfallen zu lassen. Dabei muss mir gar nichts einfallen, das gab es", sagte Middelhoff in offenkundiger Vorfreude auf den Beifall, den er selbstverständlich für sein Zukunftswerk erwartet. Wo er doch nach eigenem Bekunden so gerne und so fleißig daran schreibt, von morgens acht Uhr bis sieben Uhr am Abend.
Es gibt schon einen Roman, in dem viele Middelhoff erkannt haben
Wobei Middelhoff, der kommenden Freitag 65 Jahre alt wird, für einen Wirtschaftskrimi tatsächlich aus dem Vollen schöpfen kann, legte er sein Leben zugrunde - wobei Ähnlichkeiten mit realen Personen natürlich rein zufällig wären: Er könnte beispielsweise einen hartnäckigen Insolvenzverwalter als Helden beschreiben. Der müsste sich tapfer durch ein undurchsichtiges Dickicht an Verträgen und dubiosen Gesellschaften rund um den Globus kämpfen und dort nach Millionenwerten suchen. Die hätte dort ein sehr reicher und nur scheinbar abgebrannter und geläuterter Ex-Manager mit Hilfe raffinierter Anwälte vor seinen vielen Gläubigern versteckt, denen er viele Millionen schuldet. Der Plot des Schriftstellers Middelhoff könnte - ganz fiktiv natürlich - sein, wie eine wundervolle Villa des Managers an der Côte d'Azur verkauft wird und das viele Geld anschließend in trüben Kanälen unauffindbar versandet. "Asset Protection" wäre dafür ein schöner, noch dazu international griffiger Buchtitel.
Schlecker-Insolvenz:Im Taxi zum Gericht, im Porsche nach Hause
Von Wirtschaftsprozessen bleiben oft nur die Bilder in Erinnerung. Familie Schlecker könnte es jetzt ganz ähnlich ergehen - aufgrund eines heimlichen Auto-Wechsels.
Vielleicht trägt Middelhoffs Thriller aber auch Züge eines Historienromans. Dann könnte eine Karstadt-Verkäuferin oder eine Quelle-Versandhelferin im Mittelpunkt stehen, deren Job und Existenz vernichtet wurde, weshalb sie sich an jenen gierigen Managern und Eigentümern rächt, die weniger über Arbeitsplätze als vielmehr darüber berieten, wie sie selbst noch große Kasse machen können.
In einem Zukunftsroman dagegen könnte der große Middelhoff wiederum beschreiben, wie ein selbstverständlich mit außergewöhnlicher seherischer Gabe ausgestatteter Manager einer US-Gesellschaft die Rechte (und damit alle Einnahmen) an einem Buch abtritt, das er über einen Knastaufenthalt schreiben wird, zu dem er erst Jahre später verurteilt wird. Und wie seine Gläubiger darüber in Wut geraten.
In jedem Fall ginge es bei alledem um viel Geld, um sehr viel Geld sogar. Es gäbe einige raffinierte Schurken und sehr viele Opfer. Es ginge nur selten um Liebe, dafür oft um Macht, Gier, unglaublichen Narzissmus und auch ein bedenkliches Maß an Selbstbetrug. Wobei, einen solchen Roman gibt es bereits: Rainald Goetz hat ihn 2012 geschrieben, er handelt von einem "Johann Holtrop", in dem viele einen gewissen Thomas Middelhoff erkannten. Den deutschen John Grisham.