EU-Kommission:Rüge für Berlin

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Wirtschaftskommissar Moscovici fordert Deutschland zu mehr Investitionen auf. Das sei nicht nur im Interesse Europas, sondern auch der Bundesrepublik. Dies sei "eine Botschaft, die wir immer wieder einhämmern", erklärte der Politiker in Brüssel.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Die Europäische Kommission hat die Bundesregierung zu mehr Investitionen aufgefordert. "Wir sind der Meinung, dass Deutschland Spielräume hat, um zu investieren, und dass dies sowohl für das Wohl Deutschlands als auch der Eurozone wünschenswert wäre", sagte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici bei der Vorstellung der Frühjahrsprognose zur wirtschaftlichen Entwicklung am Donnerstag in Brüssel. Auf die Frage, ob Deutschland mit dem von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) vorgelegten Haushaltsplan zu einer Gefahr für das wirtschaftliche Gleichgewicht in Europa werde, wollte sich Moscovici nicht äußern. Grundsätzlich sei aber die Forderung nach höheren Investitionen "eine Botschaft, die wir immer wieder einhämmern", erklärte der Kommissar. Scholz hatte in dieser Woche versichert, dass er an der Politik der "schwarzen Null" seines Vorgängers Wolfgang Schäuble (CDU) festhalten wolle.

Von dieser Kritik abgesehen, sagte die EU-Kommission Deutschland einen stabilen Aufschwung voraus. Die Brüsseler Behörde rechnet mit einem Wachstum von 2,3 Prozent in diesem und von 2,1 Prozent im kommenden Jahr. Damit liegt die Bundesrepublik etwa im EU-Durchschnitt. Nach Berechnungen der Kommission soll das Bruttoinlandsprodukt der Europäischen Union in diesem Jahr um 2,3 Prozent und 2019 um 2,0 Prozent wachsen. "Europa verzeichnet weiterhin ein solides Wachstum, was es ermöglicht hat, die Arbeitslosigkeit auf den niedrigsten Stand seit zehn Jahren zu senken", sagte Moscovici. Auch die öffentlichen Haushalte profitieren vom Aufschwung: 2018 soll das erste Jahr seit Beginn der Währungsunion werden, in dem alle Euro-Länder ein Defizit von weniger als drei Prozent der Wirtschaftsleistung aufweisen sollen, wie es der Stabilitäts- und Wachstumspakt vorsieht.

Angesichts des Handelsstreits mit den USA warnte die Kommission vor Gefahren für Europa und die Weltwirtschaft. "Das größte Risiko für diese rosigen Aussichten ist der Protektionismus", sagte Moscovici. Auch die Steuerpolitik der Amerikaner sieht die Kommission kritisch: Die Steuersenkungen für Unternehmen in den USA dürften zwar das kurzfristige Wachstum ankurbeln, "aber auch das Risiko einer Überhitzung sowie die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass die Zinssätze in den USA schneller steigen als derzeit angenommen".

© SZ vom 04.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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