EU-Kommissar Olli Rehn:Merkel und Sarkozy sollen griechische Reformen erzwingen

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Die Reformen greifen nicht: Griechenland ist immer noch tief in den Schulden. Dahinter stehen innenpolitische Probleme, sagt EU-Währungskommissar Rehn - die Sanierung des Staates versickert im Parteienstreit. Um das zu ändern, wünscht sich Rehn Druck von außen.

Die Europäische Kommission warnt vor einem Scheitern der Hilfe für Griechenland. Vizepräsident und Währungskommissar Olli Rehn sagte der Süddeutschen Zeitung, es sei jetzt entscheidend, dass die großen europäischen Parteien ihre Kollegen in Griechenland endlich davon überzeugten, die Reformen verbindlich umzusetzen. "Sonst könnte dieses Programm scheitern." Auch Deutschland sei in der Pflicht.

Hintergrund der dramatischen Warnung ist die aussichtslos scheinende Lage in dem schuldengeplagten Land. Seit dieser Woche prüft die sogenannte Troika, also die Experten aus Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds, vor Ort die Bücher der griechischen Administration. Von ihrem Urteil hängt ab, ob Athen die nächste Tranche aus dem ersten Hilfspaket bekommt und ob das im Herbst grundsätzlich beschlossene zweite Hilfspaket tatsächlich geschnürt wird. Es soll 130 Milliarden Euro umfassen. Ansonsten droht Athen spätestens im März die Pleite.

Schon zu Beginn der Troika-Mission steht praktisch fest, dass die Griechen ihre Versprechen wieder nicht erfüllt haben. Der Verkauf der staatlichen Unternehmen und anderer Besitztümer kommt nicht voran, es werden noch immer kaum Steuern eingetrieben.

Rehn zufolge haben die Verzögerungen "vor allem innenpolitische Gründe". Im Frühling soll in Athen ein neues Parlament gewählt werden. Der Chef der konservativen Nea Dimokratia, Antonis Samaras, will dann die jetzt noch regierenden Sozialisten ablösen und blockiert deshalb viele wichtige Reformen innerhalb der jetzigen Übergangsregierung. Rehn fordert, dass die Chefs der großen Parteien Europas ihren griechischen Kollegen Druck machen, die Reformen durchzuziehen. Die Nea Dimokratia gehört zur Gruppe der konservativen Volksparteien, ebenso wie die CDU oder die französische Regierungspartei UMP. Kanzlerin Angela Merkel und Staatspräsident Nicolas Sarkozy ist es bisher nicht gelungen, Samaras auf den Reformkurs einzuschwören.

Rehn: Deutschland soll mehr helfen

Am Donnerstag kamen die Verhandlungen der griechischen Regierung mit den privaten Banken über den geplanten Schuldenschnitt offenbar voran. Ministerpräsident Lukas Papadimos werde "möglicherweise am Donnerstagabend" eine öffentliche Erklärung abgeben, und danach den Chef des Internationalen Bankenverbandes IIF, Charles Dallara, treffen, sagte ein Sprecher in Athen.

Rehn fordert Deutschland und andere exportorientierte Länder auf, den schwächeren Euro-Staaten mehr zu helfen. Die Regierungen dürften "nicht vergessen, wie stark sie vom Euro profitieren, durch stabile Exportmärkte und eine stabile Währung". Rehn will dem geplanten Euro-Rettungsfonds ESM mehr Schlagkraft geben als bisher geplant. "Wir brauchen eine große Lösung", sagte er. Der Finne appellierte an Merkel und Sarkozy, bei ihren Absprachen die anderen europäischen Staaten und die Institutionen nicht außer Acht zu lassen.

© SZ vom 20.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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