EU gegen Lufthansa:Verbraucher als Wähler

Die EU-Kommission untersucht die Allianzen der Airlines. Das verwundert. Denn am Ende könnte Brüssel das Gegenteil dessen erreichen, was die Behörde gewollt hat.

Jens Flottau

Der Kontrast ist merkwürdig. In allen möglichen Branchen wird über staatliche Hilfspakete in Milliardenhöhe diskutiert. Die Luftverkehrsindustrie hat sich mit Forderungen in dieser Hinsicht insgesamt zurückgehalten und lediglich darauf verwiesen, dass von dem vielen Geld für neue Infrastruktur vielleicht auch die eine oder andere neue Startbahn bezahlt werden könnte.

Die EU nimmt Allianzen zwischen Fluglinien ins Visier - und stellt einen Kooperationsvertrag in Frage, obwohl sie ihn selbst genehmigt hat. (Foto: Foto: AP)

Sie hat außerdem darauf gehofft, dass die Wettbewerbshüter Kooperationen zwischen Airlines in wirtschaftlich extrem schwierigen Zeiten wohlwollender betrachten.

Das Gegenteil ist der Fall. Die Auflagen bei geplanten Übernahmen wie etwa im Fall Lufthansa/Brussels Airlines scheinen deutlich höher als bislang zu werden. Die Lufthansa muss auch befürchten, dass sie zusätzliche Auflagen erfüllen muss, wenn sie Austrian Airlines kauft - die beiden Unternehmen arbeiten seit Jahren zusammen.

Die Rolle der Wahlkämpfer

Nun stellt die Europäische Kommission den Kooperationsvertrag zwischen der größten deutschen Fluggesellschaft und United Airlines in Frage, obwohl sie ihn selbst 2002 genehmigt hat.

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der laufende Europa-Wahlkampf eine Rolle spielt, wenn es darum geht, eine harte Haltung gegenüber der Industrie zu zeigen. Sich politisch auf die Seite der Verbraucher zu schlagen, zieht schließlich immer. Die Wirklichkeit ist aber komplexer: Die Allianzen sorgen auf einzelnen Strecken unbestritten für weniger Wettbewerb.

Doch dieser Effekt wird dadurch überkompensiert, dass sie zahlreiche neue Verbindungen schaffen - mithin mehr Wettbewerb. Mit einer zu restriktiven Haltung könnte die Kommission also durchaus das Gegenteil dessen bewirken, was sie erreichen wollte.

© SZ vom 21.04.2009/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: