Erneuerbare Energie:Gut gemeint

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Nicht nur Hausbesitzer, auch Mieter sollen künftig vom lokal produzierten Strom profitieren können. (Foto: Johannes Simon)

Die Bundesregierung will Mieterstrommodelle künftig finanziell besser stellen. In der Wohnungswirtschaft wird dieser Vorstoß begrüßt, doch einigen Kritikern geht der aktuelle Gesetzesentwurf nicht weit genug.

Von Lars Klaaßen

Laut Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) dürfen Betreiber von Anlagen, die Strom aus Wind, Wasser, Sonne, Geothermie oder Biomasse produzieren, diesen in das Stromnetz einspeisen. Die Bundesregierung verpflichtet Netzbetreiber, diesen Strom zu einem staatlich garantierten Preis abzukaufen. Netzbetreiber verkaufen den Strom weiter an der Strombörse, erhalten aber oft nicht den Preis, der an die Anlagenbetreiber gezahlt worden ist. Die Differenz wird aus dem EEG-Topf beglichen. Das Geld dafür kommt aus der EEG-Umlage, die jeder Verbraucher über den Strompreis mitbezahlt. Wer Strom selbst erzeugt und nutzt, muss keine oder nur eine reduzierte EEG-Umlage zahlen, etwa Eigenheimbesitzer mit einer Solaranlage auf dem Dach.

In der Praxis ist die Frage, ob tatsächlich eine Eigenversorgung vorliegt, nicht immer einfach zu beantworten. Lokal produzierter Strom, den Immobilienbesitzer ihren Wohnungs- oder Gewerbemietern anbieten, war bisher davon ausgenommen. Weil dieser Mieterstrom in "unmittelbarer räumlicher Nähe" zu den Endverbrauchern produziert und nicht über die öffentlichen Netze geleitet werden muss, soll sich dies ändern. Die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2016 sah vor, dass die EEG-Umlage ab 2017 reduziert und Mieter weitgehend gleichgestellt werden mit Einfamilienhausbesitzern. Ein Entwurf für ein "Gesetz zur Förderung von Mieterstrom" wird derzeit diskutiert. Eine reduzierte EEG-Umlage ist mittlerweile vom Tisch, da sie dem Gleichheitsgrundsatz widersprochen hätte.

"Die Potenziale eines Mieterstromausbaus werden ohne Not beschränkt."

Die Regierung will Mieterstrommodelle nun durch eine Direktförderung ermöglichen, was in der Wohnungswirtschaft begrüßt wird. Doch der aktuelle Entwurf wird auch kritisiert. "Wohnungsunternehmen, die Strom aus erneuerbaren Energien wie Photovoltaik oder aus Kraft-Wärme-Kopplung lokal erzeugen wollen, werden gravierend steuerlich benachteiligt", sagt etwa Ingrid Vogler, Energiereferentin vom Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW). Sobald sie den erzeugten Strom ins allgemeine Netz einspeisen oder den Mietern zur Verfügung stellen, wird die eigentlich gewerbesteuerbefreite Vermietungstätigkeit gewerbesteuerpflichtig. "Wohnungsunternehmen, die Strom erzeugen, zahlen für das damit verbundene Geschäft wie jeder andere auch die Gewerbesteuer", sagt Vogler. "Aber warum sollte ihr Vermietungsgeschäft dadurch benachteiligt werden?" Nach einer GdW-Umfrage scheitern für mindestens 30 Prozent der Wohnungsunternehmen Mieterstromprojekte an der gewerbesteuerlichen Problematik. Derzeit wird in Beständen von 28 Prozent der Wohnungsunternehmen Strom erzeugt. "Um diese brachliegenden Potenziale zu nutzen", so Vogler, "muss Wohnungsunternehmen der eigene Betrieb von KWK-Anlagen und Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien generell ermöglicht werden."

Ein weiterer Kritikpunkt am bisherigen Entwurf lautet: "Der von der Bundesregierung politisch gewollte Ansatz, Mieterstrom mit dem Eigenverbrauch gleichzustellen, wird nicht vollständig erfüllt, da die Höhe der Förderung nicht der Entlastung für Eigenverbraucher entspricht", sagt Christoph Rasch, Sprecher der Energiegenossenschaft Greenpeace Energy. "Grund dafür ist, dass von der Einspeisevergütung für ins Netz eingespeisten Strom 8,5 Cent je Kilowattstunde abgezogen werden." Dies sei nicht plausibel und stelle Mieterstrommodelle trotz Direktförderung schlechter als Eigenversorgungsmodelle. "Während bei einer Eigenversorgung 40 Prozent der EEG-Umlage vom Anlagenbetreiber zu zahlen sind", betont Rasch, "muss der Betreiber einer direktgeförderten Mieterstromanlage künftig umgerechnet bis zu 65 Prozent EEG-Umlage abführen."

Wie der GdW fordert auch Greenpeace Energy, dass die Verordnung neben gebäudeweisen Lösungen auch Quartierslösungen ermöglichen solle. "Doch ohne Not werden die Potenziale eines Mieterstromausbaus in Deutschland beschränkt", kritisiert Rasch. Die Regelung sieht bisher vor, dass Photovoltaik-Mieterstrom nur dann förderwürdig sei, wenn er auf dem Dach desselben Gebäudes erzeugt wird, in dem die teilnehmenden Mieter wohnen. "Hier sollte der Begriff eines 'räumlichen Zusammenhangs' verwendet werden, wie er auch im Stromsteuergesetz bereits genutzt wird", sagt Rasch. "Das bedeutet, dass Mieter auch von PV-Anlagen auf den Dächern direkt benachbarter Gebäude versorgt werden können, sofern sich diese ebenfalls im Besitz desselben Hauseigentümers befinden."

Ende April soll das neue Mieterstromgesetz im Bundeskabinett beraten und noch vor der Sommerpause vom Bundestag beschlossen werden.

© SZ vom 15.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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