Man gibt Muammar al Ghadafi nicht gerne Recht, aber zumindest mit einer Beobachtung lag er nicht falsch beim Welternährungsgipfel in Rom: "Die Reichen fehlen hier", sagte der Staatschef Libyens, das zur Zeit die Präsidentschaft in der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) inne hat.
Die Reichen zeigen weniger Flagge als die Schwellen- und Entwicklungsländer. Die sind mit Regierungs- und Staatschefs vertreten, wie zum Beispiel mit Inacio Lula da Silva, Brasiliens Präsident, oder mit dem Venezolaner Hugo Chavez. Ägypentens Staatspräsident Hosni Mubarak ist da und die Präsidenten vieler afrikanischer Länder.
Bei den westlichen Staaten sieht das anders aus, hier sind es meist die Ressortminister für Landwirtschaft oder Entwicklungshilfe. Das Thema Ernährungssicherheit ist offenbar dort, wo sie herrscht, weniger populär.
Millenium-Ziel unerreichbar
Die reichen Staaten sind in Rom andererseits sehr präsent, vor allem mit ihren Zusagen von den Gipfeltreffen in L'Aquila und Pittsburgh. 20 Milliarden Dollar in drei Jahren haben sie zugesagt, um den Hunger auf der Welt zu bekämpfen und die Landwirtschaft vor allem in der Dritten Welt produktiver zu machen.
Denn darum geht es in erster Linie: Lebensmittel für die rasant wachsende Weltbevölkerung zu schaffen. Schon heute hungern 1,02 Milliarden Menschen. Das Millennium-Ziel der UN und FAO, den Hunger bis 2015 zu halbieren, ist unerreichbar geworden. 1996 hatte man sich das Ziel gesetzt, damals ging man von 860 Millionen Hungernden aus. Statt weniger, sind es inzwischen mehr Menschen geworden, die zu wenig zu essen haben.
100 Millionen sind allein auf die Weltfinanzkrise und den Anstieg der Lebensmittelpreise zurückzuführen. Die hohen Preise haben auch mit der steigenden Produktion von Biotreibstoffen zu tun, die die Nachfrage nach essbaren Agrargütern wie Mais in die Höhe getrieben hat. Bis 2050 wird die Weltbevölkerung auf 9,1 Milliarden Menschen steigen, das sind zwei Milliarden mehr als heute.
Extrem ungleich verteilt
Der Anstieg wird dort am größten sein, wo die Armut am größten ist und die Landwirtschaft am unproduktivsten - im südlichen Afrika, neben Südasien die größte Hungerregion der Welt. Besonders der Klimawandel trifft die Länder im südlichen Afrika am meisten. Es geht um den Zugang zu Wasserreserven, die extrem ungleich verteilt sind auf der Welt. Es geht um den Zugang zu den Weltmärkten für arme Länder, es geht um Bildung und Vermittlung landwirtschaftlicher Techniken, um verbessertes Saatgut, um die Beherrschung von Tierseuchen.
Das alles betrifft die reichen Länder - und zwar nicht nur aus Gründen von Menschlichkeit, Gerechtigkeit und Solidarität. Es geht um politische Stabilität und Frieden, der durch die unsichere Ernährungslage in vielen Teilen der Welt gefährdet ist.
Das alles ist längst bekannt. Nur mit der Umsetzung der Erkenntnisse hapert es bisher. Auf dieser Konferenz äußerten deshalb viele die Hoffnung, sie bringe einen qualitativen Fortschritt, der zu konkreten Resultaten führen wird.
Nur viel Papier
Sie stützt sich auf die bestätigten Erklärungen von L'Aquila und Pittsburgh, auf die "Globale Partnerschaft für Landwirtschaft und Ernährungssicherung", in der die Staaten auf diesem Gebiet mehr und enger zusammenarbeiten wollen. Die Reform der in der Umsetzung oft schwerfälligen FAO soll verstärkt angegangen werden, und es gibt seit gut einem Jahr eine High Level Task Force, die verschiedene Organisationen vereint, und deren Vorsitzender direkt dem UN-Generalsekretär untersteht. Darauf stützen sich ein paar Hoffnungen angesichts des drastischen Szenarios.
Die Befürchtung aber, dass am Ende der dreitägigen Konferenz nur viel Papier produziert worden sein wird, ist trotzdem groß.