Energie:RWE enttäuscht Aktionäre und streicht Dividende

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Unterm Strich muss RWE einen Verlust von 5,7 Milliarden Euro für das vergangene Jahr verdauen. (Foto: Marcel Kusch)

Essen (dpa) - Der Energieriese RWE enttäuscht erneut seine Aktionäre: Angesichts eines Nettoverlustes von 5,7 Milliarden Euro 2016 streicht der Konzern zum zweiten Mal nach 2015 die Dividende.

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Essen (dpa) - Der Energieriese RWE enttäuscht erneut seine Aktionäre: Angesichts eines Nettoverlustes von 5,7 Milliarden Euro 2016 streicht der Konzern zum zweiten Mal nach 2015 die Dividende.

Einen entsprechenden Vorschlag zur Hauptversammlung kündigte an. Für 2017 und die Folgejahre versprach der Energieriese aber wieder eine Ausschüttung von mindestens 50 Cent pro Aktie. „Wir sind tief enttäuscht“, sagte der Geschäftsführer des Verbandes der kommunalen RWE-Aktionäre (VKA), Ernst Gerlach. Die Stadt Essen kündigte an, die weitere Beteiligung am Unternehmen zu überprüfen. „Wir denken hier in alle Richtungen“, hieß es in einer Stellungnahme.

Der niedrige Börsenstrompreis und die Milliardenlasten für den Atomkompromiss hatten den Energiekonzern tief in die roten Zahlen gedrückt. Bereits 2015 hatten die Essener ein Minus von 170 Millionen Euro eingefahren und in der Folge die Ausschüttung für Stammaktien gestrichen. Der VKA-Vorsitzende Günther Schartz rief dazu auf, trotz aller verständlichen Reaktionen die langfristige Perspektive nicht zu übersehen. „Es ist für die Kommunen wichtiger, wenn RWE ein langfristiges Dividendenversprechen abgibt, statt kurzfristig irgendeine Summe auszuschütten“, sagte Schartz.

RWE hat aus historischen Gründen zahlreiche kommunale Eigner, die knapp ein Viertel der Aktien halten und ihre Dividendeneinnahmen fest in die Haushalte einplanen. Der Wegfall der Dividende summiert sich für die Kommunen auf eine Einbuße von rund 150 Millionen Euro. Schon nach der ersten Dividendenstreichung für 2015 hatte es Proteste aus den Städten und Kreisen gegeben. Die Stadt Bochum hatte danach einen Teil ihrer RWE-Aktien verkauft.

Die Kommunen würden nun über Reaktionsmöglichkeiten nachdenken, sagte Gerlach. Allerdings hätten sie keine Mehrheit im Aufsichtsrat und Aktienverkäufe beim derzeit niedrigen Kurs aus Ärger über die ausgefallene Dividende seien irrational. Die Stadt Mülheim schätzt den Einnahmeausfall auf 1,1 Millionen Euro, die nun kompensiert werden müssten. Für Essen ergibt sich ein Fehlbetrag von 4,5 Millionen Euro. „Wir hatten einen schnelleren Gesundungsprozess erwartet“, sagte der Mülheimer Oberbürgermeister Ulrich Scholten (SPD). Er hoffe umso mehr, künftig wieder eine vernünftige Dividende zu bekommen.

„Das schwierige Marktumfeld hat außerplanmäßige Wertberichtigungen erforderlich gemacht. Hinzu kommt eine hohe Einmalbelastung aus dem Kernenergiefonds“, begründete RWE-Chef Rolf Martin Schmitz in der Mitteilung seinen Vorschlag. Er blicke jedoch optimistisch in die Zukunft. Das Tagesgeschäft laufe, die Ökostromtochter Innogy habe ihren Börsengang erfolgreich hinter sich gebracht, die Schulden würden konsequent abgebaut. An der Börse fiel der Kurs des Unternehmens.

Von den Abschreibungen in Höhe von 4,3 Milliarden Euro beziehen sich 3,7 Milliarden Euro auf den deutschen Kraftwerkspark. Hinzu kommen Anlagen in Großbritannien, den Niederlanden und der Türkei. Die Kohle-, Gas, und Atomanlagen stecken wegen des Booms der erneuerbaren Energien in der Krise. Der Ökostrom wird vorrangig in die Netze eingespeist und verdrängt deshalb die Produktion aus den konventionellen Kraftwerken.

RWE hofft, mit den hohen Abschreibungen auf die Kraftwerke die Risiken in den Griff bekommen zu haben. Die Zukunft der Steinkohle- und Braunkohlekraftwerke ist aber branchenweit ungewiss. Viele Fachleute vermuten, dass nach der Bundestagswahl die Klimaschutzauflagen für die Technik verschärft und ein über Jahre gestreckter Ausstiegsplan für die Kohle diskutiert werden könnte.

Zweite große Baustelle des Konzerns ist der Atomkompromiss: RWE zahlt zum 1. Juli 2017 die vereinbarten 6,8 Milliarden Euro in den neuen staatlichen Atomfonds. Darin enthalten ist die sogenannte Risikoprämie, mit der sich der Staat für mögliche Kostensteigerungen bei der Atommüllentsorgung wappnen möchte. Mit der Zahlung übernimmt der Staat die Haftung für den Atomausstieg.

Um sich finanziell Luft zu verschaffen, hatte RWE im Herbst 2016 sein Geschäft mit Netzen, Vertrieb und Ökostrom unter dem Namen Innogy an die Börse gebracht. Der erfolgreiche Börsengang hatte RWE rund 2,6 Milliarden Euro in die Kasse gebracht. Auch deshalb hatten die Aktionäre Hoffnung auf eine zumindest kleine Ausschüttung gehegt. Die Entscheidung über die Dividende fällt am 27. April bei der Hauptversammlung. Dabei wird mit einer kritischen Debatte gerechnet.

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