E-Autos:Polen will mit Deutschland Batterien bauen

Lesezeit: 2 min

EU-Staaten sollen eigene Fabriken aufziehen, um nicht in Abhängigkeit von Asien zu geraten. Hierzulande gäbe es gerade im Osten Regionen, die von einer Batteriefabrik profitieren könnten.

Von Michael Bauchmüller, Warschau

Für die Europäer ist der Airbus eine ziemliche Erfolgsgeschichte. Aus dem Boden gestampft mit Milliarden Euro von der öffentlichen Hand, sollte er Europas Rückstand in der Luftfahrt aufholen - und die wachsende Marktmacht von Boeing brechen. Das hat funktioniert. Nun wünscht sich Jadwiga Emilewicz eine zweite Mission Airbus: diesmal in Sachen Batteriezellen. "Wir möchten, dass ein großes Batterieunternehmen entsteht, wie es das im Flugzeugbau mit Airbus schon gibt", sagt Emilewicz, Polens Technologieministerin. "Die Zeit ist reif."

Zumindest letzteres sieht Peter Altmaier ähnlich. Der Bundeswirtschaftsminister von der CDU ist dieser Tage auf Nachbarschaftsbesuch, erst in Polen, dann in den Niederlanden. Eine Batteriefabrik, am liebsten in Deutschland, schwebt auch ihm schon lange vor. Es gäbe einige Regionen im Land, die sich mit so einem Projekt wieder beleben ließen. Nur: Die gäbe es nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa.

Der Run auf die "Gigafactory" ist ausgebrochen, seit die EU den Aufbau einer eigenen Produktion zum strategischen Ziel erklärt hat. Zehn bis zwanzig solcher Fabriken würde die EU-Kommission gerne in Europa sehen. Sie sollen verhindern, dass die hiesige Autoindustrie in eine Abhängigkeit von Lieferanten aus Asien gerät - wie einst die Luftfahrt von Airbus. Auf 250 Milliarden Euro taxiert die Kommission den Markt schon im Jahr 2025. Eine "Europäische Batterie-Allianz" soll bis 2023 alles unternehmen, ihn zu erobern.

Wirtschaftminister Altmaier will sich bald konkret zu den polnischen Plänen äußern. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Aus Sicht der Mitgliedstaaten hat die Initiative aus Brüssel einigen Charme. Denn die Fertigungsoffensive könnte zum "wichtigen Projekt von gemeinsamen Interesse" erklärt werden. Damit wären die sonst so strengen Behilferegeln gelockert, die Ansiedlung der Industrie ließe sich staatlich leichter lenken. So würden die Fabriken zum Instrument der Strukturpolitik.

Das ist auch Altmaier ein Anliegen. Beispiel Lausitz: In Berlin verhandelt eine Kommission gerade über den Ausstieg aus der Braunkohle, die strukturschwache Region in Brandenburg verlöre damit ihren letzten industriellen Arbeitgeber. Was läge näher als die Ansiedlung einer Batteriefabrik? Altmaier schweigt dazu, aber in Polen ist das deutsche Interesse längst registriert. Manche Tagebaukante in der Lausitz liegt nur wenige Meter von der polnischen Grenze entfernt.

Auch für Emilewicz stehen zwei Partner für den neuen Airbus schon fest: Deutschland und Polen. "Beide sind in der europäischen Batterieallianz", sagt die Ministerin, "wir wollen eine enge Zusammenarbeit." Wie das aussehen könnte, weiß sie auch schon. Forschungseinrichtungen könnten zusammenarbeiten, Unternehmen und Konsortien. Bis hin eben zu der gemeinsamen Fertigung - Projekt Zellen-Airbus.

Tatsächlich ist der Nachbar im Osten den Deutschen da schon um einiges voraus. Batteriebetriebene Busse aus Polen, Marke Solaris, erobern gerade auch deutsche Städte. Volkswagen will in der Nähe von Posen auch die Batterie-Variante seines Transporters Crafter bauen. Die südkoreanische LG Chem hat hier 1,3 Milliarden Euro investiert, für die größte Batteriefabrik Europas, keine 200 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. Und der belgische Materialkonzern Umicore will bis 2020 in Nysa eine Fabrik für Batteriekathoden errichten - an der Neiße, nicht weit von Tschechien und Deutschland. Der Zielmarkt, klar, sind auch die Automobilhersteller dort. Was läge näher, als gleich auch europäische "Gigafactories" hier anzusiedeln, die dann im großen Stil die Batteriezellen fertigen.

Polen jedenfalls drängt. "China ist weit vorn", sagt auch Jerzy Kwieciński, Polens Minister für Investitionen und Entwicklung. "Und das ist kein Feld, das man als Land alleine erschließen kann." Hier sei Europa gefragt. Tatsächlich sieht auch die EU-Strategie grenzüberschreitende Projekte ausdrücklich vor. Und die Verbindungen zwischen Deutschland und Polen zu stärken, ist schließlich auch das Ziel von Altmaiers Besuch. Zu den Warschauer Batterieplänen aber sagt der deutsche Minister wenig. Zunächst müsse man einmal abwarten, welchen Rahmen die EU für die Fertigung setzt. Alles Weitere wolle er später bekannt geben - bei Altmaier ein sicheres Indiz dafür, dass die Pläne schon ziemlich konkret sind.

© SZ vom 07.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: