Als der Wissenschaftler Raúl Rojas 2008 ein neues Haus für sich baute, wollte er wissen, wie die Zukunft aussehen könnte. Also installierte er sich den neuesten Stand der Technik mit hinein. Eine Technik, bei der eine defekte Glühbirne ausreichte, um sämtliche Lampen abzustellen.
Bis zu eine Million Haushalte sollen Branchenverbänden zufolge in den kommenden fünf Jahren Smart Homes sein ( eine Bitkom-Studie finden Sie hier, PDF). Der Fall von Rojas zeigt, wie anfällig solche Systeme sein können, gerade wenn es um Sicherheit geht.
Rojas ist Forscher für Künstliche Intelligenz an der Freien Universität in Berlin. Er kümmert sich vor allem um Robotik. Sein Haus sei sehr energieeffizient gebaut: "Zwei Mauern, dazwischen eine Lücke, isoliert mit Mineralwolle", sagt er. Die gesamte Kommunikation des Hauses lässt sich zentral steuern: "Man kann es mit einem Computer-Netzwerk vergleichen. Jeder Schalter hat eine Adresse, man kann Datenpakete verschicken." So wird die Technik steuerbar. Wer Zugriff auf das System hat, kann Befehle verschicken. Der simulierte Nachthimmel, im Schlafzimmer des Hauses im Berliner Süden, lässt sich auf diese Weise steuern, ebenso Jalousien oder Heizungen.
Das System Smart Home ist noch nicht ausgereift
Rojas nutzt Produkte von Bticino, einer italienischen Firma. "Der Vorteil ist, dass es dort eine Community gibt", sagt er. Dass Smart Homes sich heute noch nicht durchgesetzt haben, hängt auch damit zusammen, dass es keinen einheitlichen Standard gibt. "Jeder Anbieter hat eigene Lösungen", sagt der Forscher. Das kann dazu führen, dass in jedem Raum eine Wand mit mehreren Modulen angebracht ist; die Systeme sind noch nicht ausgereift.
Architekt über Smart Homes:"Die Technik soll den Benutzer nicht dominieren"
Menschen sollen ihre Häuser digital kontrollieren können. Smart Homes wollen genau das ermöglichen, doch Aufwand und Kosten sind für die Bauherrn derzeit noch enorm. Ein Gespräch mit dem Architekten Harald Schindele über technische Möglichkeiten und Behaglichkeit.
Bei Bticino arbeite die Community gemeinsam an einem Quasi-Standard. Auch wenn Küchenhersteller ihre eigenen Systeme benutzen, könne es mit der Technologie von Bticino kommunizieren. "Die App für mein Smartphone war fertig, noch bevor das Haus gebaut war", sagt Rojas.
Vor zwei Jahren sei sein Haus dann "eingefroren", wie er es nennt. Er vergleicht es mit einem Computer, der abstürzt und nicht mehr auf Anfragen reagiert. Die Lichter ließen sich nicht mehr bedienen. "Ich dachte, wenn ich den Strom ein- und ausschalte, funktioniert es wieder". Doch die Lichter reagierten auch dann nicht. Also schloss Rojas seinen Computer an das Netzwerk an, um zu schauen, wo das Problem liegt. Wenn eine Glühbirne kaputt geht, dann funktioniert sie nicht mehr. Ist die Glühbirne aber smart, kommuniziert sie den Defekt.
Die DoS-Attacke der Glühbirne
"Normalerweise wird diese Information einmal in der Sekunde geschickt. Also nicht besonders oft. Doch in diesem Fall ging sie alle zehn Millisekunden raus", sagt Rojas. Jedes Mal, wenn eine funktionierende Lampe Informationen kommunizieren wollte, waren die Leitungen blockiert. Ein ungewollte DoS-Attacke - also eine Variante des Angriffs, mit dem Mitglieder von Anonymous jahrelang Webseiten in die Knie gezwungen haben. Rojas nahm die Glühbirne vom Netz - und alles funktionierte wieder.
Rojas findet den Vorfall witzig, sagt aber gleichzeitig, dass er über ausreichend technisches Wissen verfügt: "Für Menschen, die keine Ahnung haben, wie diese Technik funktioniert, ist es sehr schwer, diesen Fehler nachzuvollziehen." Wenn es Probleme mit der Elektrizität gebe, komme der Elektroinstallateur. Aber bei einem smarten Haus brauche es jemanden, der zudem noch wisse, wie das eingesetzte System funktioniert. "Solche Menschen sind eher schwer zu finden", sagt Rojas.
Außer mit Glühbirnen muss sich Rojas auch mit Staubsauger-Robotern herumschlagen, wie er dem Magazin Fusion erzählt hat: Die entscheiden sich autonom dazu, wann es Zeit ist, sauber zu machen. Bei Rojas war das nachts um drei.